Schritt 4: Auswahl der Verfahren
Die TRGS 519 unterscheidet 3 verschiedene Verfahren zur Sanierung bzw. funktionellen Instandhaltung, die jedoch unterschiedliche Konsequenzen bezüglich des organisatorischen Aufwands nach sich ziehen:
- Arbeiten geringen Umfangs
- Arbeiten mit geringer Exposition und
- Anerkannte emissionsarme Verfahren.
Unterschied zwischen diesen 3 verschiedenen Optionen ist der jeweils damit verbundene Aufwand:
- (Sicherungsmaßnahmen, Freimessungen, die natürlich mit unterschiedlichen Kosten verbunden sind und vor allem
- der bürokratische Aufwand (Anzeige an die Behörde)
Richtwerte und Grenzwerte
Wer mit Asbest arbeitet, muss Maßnahmen zu seinem eigenen Schutz aber auch zum Schutz aller anderen ergreifen. Welche Maßnahmen das sind, hängt von der erwarteten oder tatsächlichen Anzahl freigesetzter Fasern ab. Die Maßeinheit hierfür ist die Anzahl der Fasern pro m3. Die analytischen Methoden sind heute soweit fortgeschritten, dass man ab einer Faserkonzentration von ca. 100 Fasern pro m3 Luft Asbest relativ sicher nachweisen kann.
Grundlage dafür, welche Verfahren angwendet werden können bzw. dürfen bilden zunächst folgende Richt- bzw. Grenzwerte:
Einstufung
- als asbestfrei gelten Produkte mit < 0,008 %
- als Gefahrstoff gelten Produkte mit > 0,1 %
- als schwach gebunden gilt Asbest in Produkten mit einer Dichte von < 1 t/m3
- als fest gebunden gilt Asbest in Produkten mit einer Dichte von > 1,4 t/m3
- Einstufung nach dem Faserverhalten alles dazwischen > 1 t/m3 und < 1,4 t/m3
- Richtwert für Innenräume: 0 Fasern pro m3
Grenzwerte im Nutzerschutz:
- < 500 Fasern pro m3 (Messwert) sowie 1.000 Fasern pro m3 als statistisch berechnete obere Grenze des 95-%-Akzeptanzbereichs (nach einer Sanierung)
- < 1.000 Fasern pro m3 (während einer Sanierung zum Schutz Dritter)
Grenzwerte im Arbeitsschutz (Arbeiten mit Asbesthaltigen Produkten):
- < 10.000 Fasern pro m3: „Arbeiten mit geringer Exposition“
- < 100.000 Fasern pro m3: „Arbeiten geringen Umfangs“
- > 100.000 Fasern pro m3: „umfangreiche Arbeiten“
- > 1.000.000 Faser pro m3: Richtwert für die Berechnung eines Faserjahres und zur Anerkennung als Berufskrankheit.
Das bedeutet, für die Nutzer in Innenräumen gilt eine Belastung bis 500 Fasern / m3 gerade noch als akzeptabel, während einer Sanierungsmaßnahme sogar bis zu 1000 Fasern.
Betrachtet man die Grenzwerte für den Arbeitsschutz, so sind die Grenzwerte für Nutzer*innen sehr streng ausgelegt und liegen viele Größenordnungen unter den Belastungen, die zu Krebs oder gar Asbestose führen können. Wobei bei den o.g. Grenzwerten die Zeit nicht berücksichtigt ist. Diese Grenzwerte gelten für die einmalige Exposition genauso wie für die Tägliche.
Arbeiten geringen Umfangs
Der “geringe Umfang” bezieht sich hierbei auf die Anzahl der gleichartigen Maßnahmen. Die Tätigkeit bzw. die Maßnahme darf dabei nicht öfter als 2-3 mal insgesamt wiederholt werden und die Personen, welche die Tätigkeit ausüben, dürfen nicht länger als jeweils 2 Stunden damit beschäftigt sein und es dürfen maximal 2 Personen an dem asbesthaltigen Produkt arbeiten.
- Nachteil: Mit einer nur geringen Anzahl scheiden häufigere gleichartige Tätigkeiten aus – man kommt also nicht sehr weit…
- Vorteil: Geringer bürokratischer Aufwand und keine Freimessung anschließend erforderlich.
Arbeiten mit geringer Exposition
Geringe Exposition bedeutet in diesem Fall eine Exposition gegenüber einer Faserkonzentration von nicht mehr als 10000 Fasern pro m3 Raumluft über die Dauer der Tätigkeit. Das klingt gegenüber dem Richtwert für “normale” Personen viel, aber für beruflich exponierte Personen gilt eben der Grenzwert von 10000 Fasern.
- Nachteil: Nach dem Abschluss der Arbeiten muss der Raum / der Bereich gereinigt werden und durch Freimessung sichergestellt sein, dass die Faserkonzentration den Richtwert von 500 Fasern pro m3 Raumluft nicht überschreitet. Dies bedeutet einen sehr großen organisatorischen Aufwand und hohe Folgekosten.
- Vorteil: Die gleichartige Tätigkeit darf beliebig oft unter Einhaltung der Vorschriften von Fachpersonal mit Sachkunde durchgeführt werden.
Anerkannte emissionsarme Verfahren
Wenn sich bestimmte Maßnahmen in einem Bereich sehr oft wiederholen und man auf die ständigen Freimessungen verzichten möchte, besteht die Möglichkeit, bei der IFA (Institut für Arbeitsschutz der DGUV) ein eigenes Verfahren anerkennen zu lassen. Derzeit gibt es ca. 46 anerkannte Verfahren. Die Anerkennung muss zuvor beantragt werden, indem das geplante Verfahren genau beschrieben wird – Schritt für Schritt und durch zahlreiche Messungen belegt wird, dass während der Tätigkeit die Faserkonzentration 10000 Fasern pro m3 Raumluft nicht überschreitet und nach Beendigung der Tätigkeit und Reinigung / Lüftung die Konzentration unter 500 Fasern / m3 Raumluft bleibt.
- Nachteil: Sehr großer bürokratischer Aufwand und lange Dauer für die Prüfung und Anerkennung des Verfahrens. Das Verfahren ist recht “starr”. Abweichungen sind nicht oder kaum möglich.
- Vorteil: Bei Einhaltung des Verfahrens wurde nachgewiesen, dass keine oder weniger als 500 Fasern freigesetzt werden. Es sind kein weiteren Freimessungen mehr erforderlich.
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