Asbest erkennen

Wann und wo man mit Asbest rechnen muss

Grundsätzlich gilt:
In allen Gebäuden, die vor 1993 gebaut wurden, muss nicht nur damit gerechnet werden, dass Asbest eingebaut wurde, es ist sogar sehr wahrscheinlich.

Selbst nach 1993 (bis zum EU-weiten Verbot 2005) kann nicht ausgeschlossen werden, dass “Restbestände”, z. B. in Fliesenklebern oder Wandputz, verwendet wurden, absichtlich oder vielleicht, weil ältere Gebinde nicht entsprechend gekennzeichnet waren.

Obwohl die Einteilung in schwach gebundene und fest gebundene Produkte in Bezug auf das Faserfreisetzugspotential (und nicht in Bezug auf die Dichte)  in vielen Fällen zutrifft, macht sie wenig Sinn, wenn man mit diesen Begriffen im Kopf nach Produkten sucht. Sinnvoller ist doch, zu welchem Zweck Produkte eingebaut wurden, denn dann bekommt man eher eine Idee, wo man nachsehen sollte.

Wärmedämmung

Asbestgewebematte um Heizungsrohr © Heiko Hofmann

Asbest ist ein sehr guter Wärme- oder Hitzeisolator. Deshalb wurde es sehr häufig dort verwendet, wo Wärme oder Hitze eine Rolle spielt:

  • Heizungsrohre und -leitungen (Isolierung, Dämmung, Aufhängung, Befestigung, Dichtungsscheiben, Mörtel, etc.
  • Kessel (Dämmung)
  • Nachtspeicheröfen (Isolierung und Dämmung)
  • Alte Laboröfen (Dämmung und Dichtung)
  • In Küchengeräten (Hitzeisolierung alter Backofen, Toaster)
  • Lötkolben (Hitze- und Elektroisolierung)

Nachtspeicheröfen

Ältere Modelle der bekannten Nachtspeicheröfen enhielten neben der Isolierung aus Glaswolle (“alte KMF,” auch krebserregend) Leichtbauplatten aus schwach gebundenem Asbest. Da die Öfen außen durch das Gebläse sehr heiß werden konnten, brachte man häufig zwischen Gehäuse und Wand zusätzlich noch Leichtbauplatten aus Asbest an – zum Brandschutz. Eigentliches Problem war nicht nur die Tatsache, dass Asbest eingebaut war, sondern auch das Umluftgebläse, mit dem die Fasern der Glaswolle und Asbestfasern herausgeblasen werden konnten. Falls Sie im Eigenheim oder in der Wohnung der Großeltern noch alte Nachtspeicheröfen eingebaut haben, sollten Sie diese unbedingt entsorgen. Als asbesthaltigen Abfall!

Nachtspeicherofen mit Asbestdämmung Stecksicherung mit Asbestpappe © Bild von Carbotech auf polludoc.ch unter CC-BY-SA 4.0 Lizenz

Geöffnetes Einzelspeichergerät, rostbraun die Speichermasse, hellbeige die keramischen Halter der Heizwendel, ganz rechts die Steuereinheit © Kat1100, CC BY 4.0

Küche

Alte Backöfen, Herde, Einfassungen von Herdplatten konnten Dämmungen, Isolierungen und Dichtungsbänder sowie Dichtungsschnüre aus Asbest enthalten. Häufig war auch zwischen alten mit Holz befeurten Kochherden und der Küchenwand noch zusätzlich eine Leichtbauplatte aus Asbest eingebaut. Nicht immer ist die Dämmung leicht erkennbar oder zugänglich. Beim Ausbau und der Entsorgung solch alter Küchengeräte muss immer mit Asbest gerechnet werden und mit großer Vosicht vorgegangen.

Isolierung eines alten Elektroherdes mit Asbestgewebe © Bild von Bafob GmbH auf polludoc.ch unter CC-BY-SA 4.0 Lizenz

Asbestgewebeband um eine Einbauherdplatte © Bild von Bafob GmbH auf polludoc.ch unter CC-BY-SA 4.0 Lizenz

Leichtbauplatte unter Herd © Bild von S. Schneebeli auf polludoc.ch unter CC-BY-SA 4.0 Lizenz

Brandschutz in öffentlichen Gebäuden

Anschlagdichtung einer Brandschutzklappe aus Asbest © Heiko Hofmann

Asbest wurde wegen seiner sehr guten Brandschutzeigenschaften großzügig überall dort verbaut, wo es galt, die Ausbreitung von Bränden zu verhindern. Selbst in Einfamilienwohnhäusern. Hauptsächlich aber in großen Gebäudekomplexen entlang der Brandschutzabschnitte, als Spritzasbest an Wänden und Decken und als Schutz von Stahlträgern, etc.

  • Brandschutzklappen (Klappen selbst, Anschlagdichtungen).
  • Brandschutzverkleidung (Asbestzementplatten, Asbest-Leichtbauplatten).

    Asbestschnur mit Silikonresten zwischen Türzarge einer Brandschutztüre und Wandausschnitt © Heiko Hofmann

  • Brandschutztüren (Türen selbst, Dichtungen um die Zargen, Asbestpappe in Türscharnieren).
  • Brandschutzwände (Promabestwände aus Asbest-Leichtbauplatten, Asbest-Schnüre entlang Boden- und Deckenabschlüssen.
  • Spritzasbest zum Schutz von Decken in Tiefgaragen, U-Bahnen, Schutz von Stahlträgern.
  • Asbestschnüre entlang der Türzargen und überall, wo man heute ausschäumt.

Brandschutztüre (Eigenbau). Kellertüre mit Asbestzementplatte © Y. Kober

Die Ausbreitung von Bränden kann man auch durch den Einsatz von Brandschutztüren verhindern. Professionelle Brandschutztüren sind jedoch auch heute noch sehr aufwändig herzustellen und entsprechend teuer. Im Privatbereich half man sich gelegentlich durch Heimwerkertalent aus und fertigte seine Brandschutztüre selbst – indem man eine normale Türe mit einer Platte aus Asbestzement beaufschlagte.

Labore

Zugegeben: Labore sind für Privathaushalte weniger interessant, aber für Sanierer umso wichtiger. Laborgebäude oder Universitäten mit enstprechendem Baujahr bieten interessante Fundstellen:

Laborabzüge

Bei Laborarbeiten war man offenbar der Ansicht, dass in Abzügen nicht nur gefährliche Dämpfe entstehen, sondern auch durch Asbest die Ausbreitung von Bränden oder Explosionen verhindern werden kann. So wurden sämtliche Wände dieser Abzüge aus Asbestzement hergestellt. Besonders kritisch: Der Frontschieber, also die Glasplatte hinter der gearbeitet wurde, bewegte sich in seitlich ausgefrästen Führungsrillen (Nut) auf und ab und sorgte für Abrieb und Faserfreisetzung bei jedem Öffnen oder Schließen.

Laborabzug aus Asbestzementplatten © Heiko Hofmann

Mechanik eines Laborabzuges aus Asbestzement. Die Frontplatte aus Glas bewegt sich innerhalb von ausgefrästen Fugen © Heiko Hofmann

Laboröfen

Asbestschnur als Isolator und Türdichtung in einem alten Laborofen © Heiko Hofmann

Asbestschnur als Türdichtung in einem alten Laborofen © Heiko Hofmann

Müllschächte

In vielen alten gewerblichen (nicht nur) und öffentlichen Gebäuden wurde Abwurfschächte für Müll eingebaut. Dies hatte den Vorteil, dass man Müll nicht viele Stockwerke nach unten tragen musste. Meist konnte man eine Klappe in der Wand öffnen, den Müll hineinlegen und danach schloss man die Klappe. Der Müll fiel dann durch einen senkrechten Schacht direkt in die Mülltonne.

Einmal eingebaut, sind diese Schächte von innen nicht mehr erreichbar. Damit die Blechklappen einerseits beim Öffnen nicht scheppern und andererseits, weil Asbest nicht nur schalldämpfende, sondern auch feuerfeste Eigenschaften hat, konnte man mit dieser Anschlagdichtung aus Asbestgewebe eine nicht brennbare Schalldämpfung einbauen. Also ein Material, das im Brandfall innerhalb des Schachtes wenigstens selbst keine sogenannte Brandlast darstellt. Eine Win-win-Situation.

Der Nachteil ist, dass bei diesen Anlagen durch den Anschlag beim Öffnen der Klappe ständig Asbestfasern freigesetzt werden. In den meisten Fällen sind diese Anlagen heute nicht mehr in Betrieb – nicht zuletzt wegen der fehlenden Reinigungsmöglichkeiten und dem daraus entsteheden Gestank. Durch zusätzliche Gummidichtungen an der Müllklappe ist der ganze Schacht bei geschlossenen Klappen dicht abgeschlossen, so dass von den Asbestdichtungen im Inneren keine hohe Gefährdung ausgeht. Gemäß Asbestrichtlinie wären diese Anschlagdichtungen in Dringlichkeitsstufe II oder III einzustufen.

Müllabwurfschacht © H. Andris & M. Henker, Sakosta GmbH Stuttgart

Anschlagdichtung aus Chrysotilgewebe an einer Müllabwurfschacht-Klappe © H. Andris & M. Henker, Sakosta GmbH Stuttgart

Details einer Anschlagdichtung aus Chrysotilgewebe an einer Müllabwurfschacht-Klappe © H. Andris & M. Henker , Sakosta GmbH Stuttgart

Systemtrennwände

Freigelegter Querschnitt durch eine Promabest-Sprossenwand. Erste Schicht aus Promat, darunter Promabest, dann der zu schützende Stahlträger. © Heiko Hofmann

In vielen Bürogebäuden wurden seit den 60er bis in die 90er Jahre Systemtrennwände eingebaut, die Brandschutzauflagen erfüllen mussten. Systemtrennwände haben den Vorteil, dass sie aus Einzelmodulen bestehen, die nahezu beliebig platziert und bei Bedarf leicht versetzt werden können.

Bekannte Beispiele sind Mechel-Wände (Hersteller Mechel). Sie können (müssen aber nicht) entlang der Decken- und Bodenabschlüsse sowie entlang der senkrechten Stoßfugen, die mit sogenannten Lisenen verdeckt sind, Asbestkordeln und / oder Asbestpappe enthalten.

Andere bekannte Wände sind sogenannte Promabestwände. Promabest, ein Produkt aus Promat und Asbest, enthält bis zu 70% locker gebundenes Asbest, das bei Beschädigung der Wand leicht freigesetzt werden kann.

Asbestschnur unter einer Büro-Systemtrennwand (Mechel Wand) © Heiko Hofmann

Warum Asbest auch beim Terroranschlag vom 11. September 2001 eine tragische Rolle gespielt hat erfahren Sie auf Seite 3