Der Rohstoff Asbest

Ursprung von Asbest: Der Erdmantel

Detailaufnahme von dem Gestein Harzburgit

Harzburgit © MatthiasBräunlich_CC-BY-SA 3.0

Waren Sie schonmal in Bad Harzburg? Bad Harzburg ist Typuslokalität und Namensgeberin für Harzburgit (Bild): Ein pechschwarzes Gestein: “Mantelperidotit” – mit schwarzem “Klinopyroxen” und dünnen hellgrünen Äderchen – Serpentin, der durch die Umwandlung von Olivin und Klinopyroxen entstanden ist. Pyroxene sind die oben gezeigten Kettensilikate.

Serpentin

Gotthard-Serpentinit poliert, Hospental (CH) © Heiko Hofmann

Machen Sie einen Ausflug an den Gotthard in den Schweizer Alpen. Genauer: Nach Hospental. An der linken Straßenseite nach der Ortsausfahrt Richtung Furkapass befindet sich ein kleines Natursteinwerk, wo Sie den bekannten “Gotthard-Serpentinit” ansehen können.

Serpentin entsteht durch die Umwandlung (Alteration) von Pyroxenen (z.B. Enstatit Mg2Si2O6) oder Olivin bzw. Forsterit (Mg2SiO4) unter Aufnahme von Wasser. Diese sind typische Minerale des Erdmantels und lieben dementsprechend sehr hohe Temperaturen von rund 1800°C (Schmelztemperatur von Forsterit ca. 1900°C). Sinken Temperatur und Druck wesentlich, fühlen sich diese Minerale nicht mehr wohl. Denen ist es hier “oben” schlicht zu kalt, zu feucht und es herrscht zu wenig Druck. Kommen sie dann noch in Kontakt mit Wasser, können sie nicht mehr widerstehen und wandeln sich zuerst in den Serpentin Antigorit um und schließlich unterhalb von ca. 260°C in Chrysotil.

Alles “nur” Chemie!

Forsterit + Wasser ➔ Serpentin + Brucit (Magnesiumhydroxid)
2 Mg2 [SiO4] + 3 H2O ➔ Mg3 [(OH)4 Si2 O5] + Mg(OH)2

Chrysotil

Chrysotil unter dem Transmissionselektronenmikroskop (TEM) © JEOL

Das Besondere bei Chrysotil ist, dass die T Schicht und die O-Schicht nicht genau aufeinander passen. Die T-Schicht ist zu klein. Das ganze Paket wellt sich oder rollt sich wie eine Schneckennudel auf.

Das Ergebnis: Asbest.

Das Mineral heißt Chrysotil. Der “weiße Asbest” oder “Faserserpentin“.

Im Bild zu sehen: Chrysotil Fasern im Querschnitt unter dem High Resolution Transmission Electron Mikroscope (HRTEM). Jeder der “Baumringe” besteht aus je einer T und einer O-Schicht. Zusammen sind sie genau 7 Angström dick, also 0,7 Nanometer (7 x 10-10 m) oder 0,7 milliardstel Meter.  Der Durchmesser einer einzelnen Faser bzw. eines Chrysotil-Röllchens ist nicht größer als 40 nm, also 40 milliardstel Meter. Ganz schön dünn!

Das Dumme ist: Die Chrysotil-Variante des Serpentins ist die, die bei uns an der Erdoberfläche stabil ist und nicht weiter verwittert oder zerfällt. Eine andere Variante Antigorit (Bild unten) ist eher bei hohen Temperaturen stabil.

Struktur von Antigorit © Heiko Hofmann

Antigorit

Der “Blätter”-Serpentin “Antigorit” hat exakt dieselbe chemische Zusammensetzung wie Chrysotil (beide sind praktisch das gleiche Mineral) , nur dass sich die Ober- und Unterseiten abwechseln. So können sich die Schichten nicht aufrollen. Im Gegensatz zu Chrysotil ist Antigorit nicht gefährlich.

Chrysotil und Antigorit nebeneinander. Fundstelle Hospental, Schweiz © Heiko Hofmann

 

Lizardit

Lizardit und Chrysotil © John Krygier, Public domain, via Wikimedia Commons

Es gibt noch weitere Varianten des Serpentins: Z. B. Lizardit. Benannt nach seiner Typuslokalität in Südwest-England, dem Lizard-Point, dem südlichsten Punkt der Insel. Dort treten Mantelgesteine an die Eroberfläche und haben sich an die hier oben herrschenden Bedingungen durch “Alteration” angepasst. Lizardit hat exakt dieselbe chemische Zusammensetzung wie die beiden anderen Serentine auch, nur eben nicht dieselbe Struktur: Lizardit ist von den 3 bisher beschriebenen Kandidaten die gleichmäßigste und einem “normalen” Schichtsilikat am ähnlichsten. Erkennen kann man es an seiner eher hellgrünen, leicht gelblichen Färbung.

Von den Serpentinen sind also nur die Chrysotil-Varianten gefährlich. Man nennt die faserige oder nadelige Ausbildung dieser Minerale “asbestiform”.

Amphibol-Asbest

Weitere wichtige Asbestarten sind die Amphibolasbeste. Amphibole besitzen die typische Bänderstruktur aus SiO4 Tetraedern. Sie bilden im Gegensatz zu Chrysotil eher nadelige Strukturen entsprechend dieser Bänderstruktur. Das Gerüst besteht wie bei den Schichtsilikaten auch aus SiO4 Tetraedern. Die Kationen, also Eisen, Magnesium, Calcium, Natrium, lagern ebenso “Käfige” aus Sauerstoff und Hydroxyl-Gruppen (OH) um sich herum, die wiederum um die Tetraeder herum eingebaut werden.

Diese Minerale sind entlang dieser Bänder sehr gut spaltbar, was zur Bildung ultrafeiner Nadeln führt. Diese Nadeln sind nicht so flexibel wie die Chrysotil-Röllchen, aber dafür steifer. Sie können das Zellgewebe leichter durchstechen als Chrysotil und gelten daher als noch gefährlicher.

Bänderstruktur aus SiO4 Tetraedern bei Amphibolen © Heiko Hofmann

Die Chemische Zusammesetzung der Amphibole scheint sehr beliebig zu sein: Alles ist möglich, solange die Strukturgruppe [ Si8O22 (OH)2 ] gleich bleibt und der Ladungshaushalt stimmt. Die 7 sogenannten “Oktaederpositionen” werden mit den Alkalimetall- und Erdalkalimetallionen so besetzt, dass alle Positionen besetzt sind und die Ladung immer ausgeglichen wird.

Mineral Formel
Krokydolith (Riebeckit) Na2 Fe2+3 Fe3+2 [ Si8O22 (OH)2 ]
Tremolit Ca2 Mg[ Si8O22 (OH, F )2 ]
Aktinolith Ca2 (Mg,Fe)[ Si8O22 (OH)2 ]
Amosit (Grunerit) (Fe2+, Mg)[ Si8O22 (OH)2 ]
Anthophyllit (Mg, Fe2+)[ Si8O22 (OH)2 ]

Von all den bekannten Amphibolmineralen sind also auch nur eine handvoll asbestiform und deshalb gefährlich.

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