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Neue Gefahrstoffverordnung in Kraft getreten

Am 04.12.2024 wurde die neue Gefahrstoffverordnung GefStoffV veröffentlicht und damit in Kraft gesetzt. Genauer heißt die Verordnung “Änderungsverordnung zur Gefahrstoffverordnung”. Grund ist, weil die GefStoffV nur geändert und ergänzt wurde und nicht komplett neu verfasst, so wie zuletzt 2001.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

  • Mitwirkungspflicht der Veranlasser
  • Vermutungsklausel
  • Mitwirkungspflicht der Auftragnehmer
  • Grenzwerte

TRGS 519 nun in GefStoffV integriert

Gänzlich neu ist, dass ein wesentlicher Bestandteil der bisherigen TRGS 519 nun von der rechtlichen Ebene eines Regelwerks, einer sogenannten “Technischen Regel”, in den “Adelsstand” einer Rechtsverordnung gehoben wurde. Damit entfällt automatisch das Prinzip, nach dem die getroffenen Schutzmaßnahmen zwar abweichen dürfen, aber nur dann, wenn sie mindestens gleichwertig sind oder besser. Dieser Spielraum bzw. diese Flexibilität bei der Einschätzung der zu treffenden Schutzmaßnahmen bei ASI Arbeiten fällt weg.

Kurz: Was zu ASI Arbeiten und Schutzmaßnahmen in der GefStoffV steht, gilt und kann nicht anderweitig ausgelegt werden. Das ist gut so!

Abbruch, Sanierung und Instandhaltung

Die Begriffe Abbruch, Sanierung und Instandhaltung wurden in der GefStoffV (neu) definiert und präzisiert. Dabei wurden bis zuletzt umstrittene Auslegungen der Begriffe “Sanierung” und “Instandhaltung” berücksichtigt und so formuliert, dass keine Missverständnisse mehr bestehen sollten.

Beispielsweise wurde endlich die Frage geklärt, was “räumliche Trennung” ist und was man unter dem sogenannten “Überdeckungsverbot” versteht, das zusammen mit dem berühmten Morinol-Urteil aufkam.

Das grundlegende Prinzip bei der Sanierung und Instandhaltung (bzw. auch Instandsetzung) ist:

  • Asbestprodukte dürfen nicht instandgesetzt werden, nur Anlagen, die Asbestprodukte enthalten, indem diese Produkte ausgebaut werden.
  • Asbestprodukte dürfen nicht versteckt werden oder so kaschiert, dass sie in Vergessenheit geraten könnten. Sie dürfen auch nicht so zugebaut werden, dass eine Rückholbarkeit nicht mehr oder nur sehr schwer möglich ist. Dies wurde häufig mit der “räumlichen Trennung” verwechselt oder bewusst ausgelegt.

Pflichten des Veranlassers

Ein Veranlasser ist im Prinzip der Bauherr. Jeder, der ASI Arbeiten (und das sind praktisch alle Arbeiten an Asbest oder asbesthaltigen Bauteilen) veranlasst, also Aufträge zur Arbeit damit vergibt.

Damit man nicht unbewusst oder unbeabsichtigt (oder auch bewusst oder beabsichtigt…) Auftragnehmer in eine Situation bringt, in der diese durch ihre Arbeit (bewusst oder unbewusst) Schadstoffe freisetzen oder indirekt freigesetzt werden können und die Personen dabei einer Gefahr für die Gesundheit ausgesetzt werden können, muss der Veranlasser dem Auftragnehmer wichtige Informationen zum Objekt liefern.

Die wichtigste Information ist dabei das Baujahr (in einem spezifischen Intervall sogar das Baudatum) mitteilen. Außerdem sämtliche Informationen zum Bau oder Objekt, die dem Bauherrn vorliegen, damit der Auftragnehmer in der Lage ist, einzuschätzen, ob mit Bauschadstoffen gerechnet werden muss.

Der Bauherr ist dabei nicht unbedingt dazu verpflichtet, auch die Erkundung von Bauschadstoffen in Auftrag zu geben. Dies wäre aber ratsam, wenn der Bauherr die Kontrolle über die Analytik behalten möchte.

Der Auftraggeber darf dem Auftragnehmer keine Informationen vorenthalten, die zur Klärung der Situation, ob Bauschadstoffe vorhanden sein könnten, beitragen können. Das ist sehr wichtig. Somit ist der Auftraggeber in gewisser Hinsicht mit in der Haftung.

Vermutungsklausel

Die sogenannte Vermutungsklausel hat es in die GefStoffV geschafft! Sie sagt, dass in allen Gebäuden mit einem bestimmten Baujahr (bzw. Gebäuden, die bis und vor 1993 gebaut oder umgebaut wurden), mit Asbest und Produkten daraus gerechnet werden muss.

Das ist an sich nicht neu. Nun ist es aber durch die Aufnahme in die GefStoffV in “Granit gemeißelt”! Die Folge ist, dass praktisch immer eine Erkundung durchgeführt werden muss, wenn keine Klarheit besteht. Das ist nun Gesetz!

Mitwirkungspflichten der Auftragnehmer: Gefährdungsbeurteilung

Auftragnehmer haben die Pflicht, im Zweifel die nötigen Informationen über das Objekt vom Auftraggeber einzufordern. Schließlich müssen sie wissen, womit sie es zu tun bekommen und ggf. ob sie überhaupt tätig werden dürfen.

Deren wichtigstes Instrument zum Schutz der Beschäftigten ist die Gefährdungsbeurteilung. Die Pflicht zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung besteht generell für Arbeitgeber gem. Arbeitsschutzgesetz und der DGUV Vorschrift 1 (“Unfallverhütungsvorschrift”) der Deutschen Gesetzlichen UnfallVersicherung.

In diesem speziellen Fall sind nun Auftragnehmer, die meist auch Arbeitgeber sind, verpflichtet, eine spezifische Gefährdungsbeurteilung für Bauschadstoffe durchzuführen, und zwar auf Grundlage der Informationen, die sie vom Auftraggeber erhalten haben.

Eine Ausrede, man habe keine oder kaum Informationen bekommen, zählt dabei nicht. Dann muss man sich die Informationen beschaffen. Wenn für die Gefährdungsbeurteilung oder für die daraus abzuleitenden Maßnahmen eine Erkundung von Schadstoffen (durch Probennahme und Analytik) notwendig ist, dann müssen die Auftragnehmer Sachverständige einbeziehen, die sich um die Analytik kümmern, sofern sie dies nicht selbst dürfen (aufgrund fehlender Sachkunde).

Die Kosten für die Hinzuziehung von Sachverständigen können auf den Auftraggeber umgelegt werden.

Wichtig:

Sollte sich bei der Erkundung herausstellen, dass Bauschadstoffe (insbesondere Asbest) vorhanden sind, dürfen die Arbeiten, die mit diesen Stoffen in Kontakt kommen und diese freisetzen könnten, ausschließlich von sachkundigen Personen durchgeführt werden. Sprich: Es geht nicht ohne Sachkunde nach TRGS 519, wenn Asbest im Spiel ist. Verstößt man dagegen, drohen empfindliche Bußgelder und schlimmstenfalls Untersagung des Betriebs.

Umgang mit Asbest oder asbesthaltigen Bauteilen dürfen nur Sachkundige ausüben!

Wichtig für Privatpersonen:

Diese Regelungen der GefStoffV gelten auch für Privathaushalte!

Grenzwerte

In der neuen GefStoffV (folglich in der TRGS 519) werden die Begriffe “schwach gebundener Asbest” und “fest gebundener Asbest” nicht mehr auftauchen. Das ist gut so, denn diese Begriffe waren uneindeutig und schwer zu fassen.

Das wird aber große Auswirkungen auf die neue Formulierung der TRGS 519 haben. Man darf gespannt sein.

Künftig geht es um das Faserfreisetzungspotential, ein sperriges Wort. Es bedeutet aber genau, was drin steht, nämlich die Fähigkeit eines asbesthaltigen Produktes, Fasern freizusetzen. Das hängt nicht nur vom Produkt ab, sondern von der Art der Bearbeitung.

Der Auftragnehmer ist künftig verpflichtet, im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung festzustellen oder zumindest einzuschätzen, bei welcher Tätigkeit an welchem Produkt welche Fasermenge (bezogen auf die Faserkonzentration F/m3) freigesetzt werden kann, um auf dieser Grundlage Schutzmaßnahmen festzulegen.

Um dies etwas zu vereinfachen, wurden 3 Gefahrenbereiche (wie im Arbeitsschutz auch) definiert:

  • Akzeptanzbereich (Bereich mit niedrigem Risiko: grün)
  • Toleranzbereich (Bereich mit mittlerem Risiko: gelb)
  • Gefahrenbereich (Bereich mit hohem Risiko: rot)

Die neue TRGS 519 wird dazu Hilfestellungen anbieten, um den jeweiligen Bereich besser einschätzen zu können.

Welche Grenzwerte gelten werden, die diese Bereiche voneinander trennen, ist noch nicht abschließend geklärt. Da wird man die TRGS 519 abwarten müssen. In der GefStoffV steht nur, dass es diese Bereiche gibt und wie die Grenzen genannt werden.

Als Grundlage für die Grenzwerte gilt die neue EU-Asbestrichtlinie. Darin ist jedoch von nur einem Grenzwert die Rede. Allerdings hat man 2 Konzentrationen eingeführt: Eine einschließlich der Berücksichtigung “dünner Fasern” und einen Wert ohne.

Was soll denn das?

Grund dafür ist, dass in der EU noch verschiedene Analysemethoden für Asbest eingesetzt werden und auch zulässig sind, nämlich

  • optische Mikroskopie (Phasenkontrastmik. oder Polarisatioksmik.)
  • Raseterelektronenmikroskopie

Die optische Mikroskopie ist dabei nicht so hochauflösend. Dabei werden demnach die ganz kleinen Fasern (“dünne Fasern”) mit einer Dicke von < 200 nm (Nanometer = 10 hoch minus 9 Meter) nicht gut erkannt. Man legte deshalb fest, dass die “Ausbeute” der Fasererkennung beim REM rund 5 Mal höher ist als beim optischen Mikroskop. Legte man für beide Methoden dieselben Grenzwerte fest, wäre die Faserzahl bei der Analyse mit REM immer deutlich zu hoch. Oder eher umgekehrt, bei der optischen Methode deutlich zu niedrig, weil ja nicht alles erkannt wird.

Deshalb ist der Grenzwert laut EU-Richtlinie

  • bei REM: 10.000 F/m3
  • bei Opt: 2000 F/m3

Wie Sie vielleicht wissen, müssen aber europäische Richtlinien (im Gegensatz zu Verordnungen) erst in nationales Recht umgesetzt werden. Dies geschieht natürlich einerseits durch die neue GefStoffV, aber eben noch nicht ganz. Die Grenzwerte (als Zahlen) fehlen noch.

Generell strebt die TRGS 910 bereits nach dem unteren Grenzwerte von 1000. Ob diese 1000 jedoch auch für Asbestfasern pro m3 Luft gelten werden, ist offen.

Im Augenblick empfiehlt die EU Richtlinie bei der Methode mit REM noch immer einen Grenzwert von 10.000 F/m3. Ob die TRGS dies auf 1000 F/m3 senken wird, bleibt abzuwarten.

 

 

 

 

Wie die Presse zur Angst vor Asbest beiträgt

Vor einigen Wochen meldete sich die BG Bau zu Recht zu Wort und äußerte sich über deren Befürchtung, dass es im Zusammenhang mit der energetischen Sanierung alter Gebäude zum fahrlässigen Umgang mit Asbest kommen könnte und warnt vor einer “neuen Krankheitswelle”.

Die Befürchtung, dass aufgrund der Probleme, Handwerksbetriebe zu finden, die dazu noch über Asbest-Sachkunde verfügen, viele Handwersbetriebe ohne Sachkunde beauftragt werden oder Privatpersonen gleich selbst tätig werden, ist durchaus begründet. Ob dies jedoch eine “Krankheitswelle” auslöst, ist dick aufgetragen.

Dennoch ist es absolut richtig, auf die Problematik aufmerksam zu machen. Nicht nur auf die Gesundheitsrisiken, sondern auch auf die Rechtslage: Denn ohne Sachkunde Hand anzulegen, wenn es um Asbest geht, ist verboten

ZDF Heute zitiert Beitrag von Heiko Hofmann

Die Internetseite von ZDF-Heute berichtet heute über die Asbestprproblematik beim Sanieren älterer (vor 1993 gebauter oder Renovierter) Häuser im Zuge der Energiewende. Dabei wird in den FAQ unter der Überschrift “Was ist an Asbest gefährlich” mein Beitrag auf der Webseite meiner Arbeitgeberin, der Universität Konstanz, zitiert.

https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/asbest-entsorgen-gesundheit-sanierung-100.html

Die Tatsache, dass qualitativ hochwertige Presse die von mir verfassten Inhalte der Internetseite der Uni-Konstanz (also auch dieser Webseite Asbest-Beratung.de) zum Thema Asbest zitiert, bedeutet, dass diesen Inhalten für eine Berichterstattung vertraut wird.

Neue LAGA M23 veröffentlicht

Am 08.05.2023 hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) das neue Merkblatt M23 “Vollzugshilfe zur Entsorgung asbesthaltiger Abfälle” veröffentlicht.

Die Regelungen zur Behandlung asbesthaltiger Abfälle waren bisher bereits relativ streng. Die Neuauflage der LAGA M23 verschärft und präzisiert die Regelungen nochmals.

Künftig muss bei geplanten ASI Arbeiten (Abbruch, Sanierungs- und Abbrucharbeiten) vorab nicht nur abgeklärt, sondern nachgeweisen werden, ob das Objekt asbesthaltige Produkte enthält und ob asbesthaltiger Abfall entstehen wird. Die Konsequenz ist demnach, dass diese Nachweise (durch Beprobung und Analytik) bei allen ASI Vorhaben in Gebäuden, die vor dem Asbestverbot 1993 errichtet oder saniert wurden, geführt werden muss. Also auch im Verdachtsfall.

Asbesthaltige Produkte und Geräte wie z.B. alte Nachtspeicheröfen, Elektrogeräte, etc. müssen, sofern dies möglich ist, in die asbesthaltigen Bestandteile und nicht-asbesthaltige Bestandteile zerlegt und getrennt werden.

Grundsätzlich ist diese Trennung deshalb notwendig, um die asbesthaltigen Bestandteile durch Verbrennung zu vernichten. Ist keine Trennung möglich, müssen die asbesthaltigen Bestandteile so behandelt werden, dass keine Faserfreisetzung möglich ist.

Die LAGA M23 ist zwar eine “Mitteilung” und keine verbindliche Rechtsvorschrift. Aber auch hier gilt wie bei allen DIN-Normen und TRGS Regeln, dass sie den “Stand der Technik” darstellen und deshalb mit Rechtsvorschriften quasi gleichrangig behandelt werden.

Wenn Sie als Firma oder auch Privatperson ASI Arbeiten planen, müssen Sie sich mit den Regelungen der TRGS 519, der GefStoffV und der neuen LAGA M23 befassen!

Wenn der Dachdecker-Kumpel beim Abriss hilft

Trotz Pandemie gibt es noch andere “Baustellen”, die uns im privaten Umfeld beschäftigen, wie zum Beispiel Asbest.

Viele Privatpersonen sind inzwischen recht gut über die Problematik informiert und sorgen sich um Asbestvorkommen im eigenen Heim. Es ist also nicht überraschend, wenn die mit Asbestzementplatten gedeckte Garage in den Fokus rückt und zumindest zum “gefühlten” Problem wird – obwohl das eventuell gar nicht nötig ist.

Laut REACH Verordnung gibt es nämlich einen gewissen “Bestandsschutz” für asbesthaltige Produkte, wenn diese noch intakt sind und “unangefasst” bleiben.

Wenn einige der Platten jedoch beschädigt sind und sie nicht mehr ihren “ursprünglichen Zweck” erfüllen, also das Dach abdichten, dann muss es entsorgt werden. Denn das Reparieren ist verboten!

Asbestzement-Dach muss weg – Hilfe vom Dachdecker-Kumpel

Dach mit Wellasbestzement gedeckt © Harald Weber unter CC-BY-SA 3.0 Lizenz

Nun ist also guter Rat gefragt und nötigenfalls auch Hilfe – warum nicht vom befreundeten Dachdecker. Da hat man es immerhin mit einem Fachmann zu tun – wenigsten in Sachen Dach decken und abdecken.

Der Dachdecker-Freund sagt also zu und bringt sogar die Schutzausrüstung mit: Schutzanzug, FFP3 Masken.

Der Privatmann und sein Kumpel legen also los und bauen die Asbestzement-Platten ab. Zumindest versuchen sie es, denn die Platten sind nicht nur geschraubt, sondern teilweise auch mit einer bitumenartigen Masse verklebt. Macht aber nix, denn mit etwas “Nachhilfe” in Form eines Hammers lösen sich die Platten. Einige zerbrechen, umso besser.

Was nicht passt, wird passend gemacht

Gerissener Asbest-Big-Bag © Heiko Hofmann CC-BY-SA 4.0 Lizenz

Die gelösten Platten werden vorsichtig nach unten gereicht, wo man feststellt, dass die noch vollständigen, unzerbrochenen Platten nicht in den Asbest-Big-Bag passen. Auch da wird kurzerhand nachgeholfen und die überstehenden Kanten werden mit derselben Methode wie oben auf dem Dach einfach abgeschlagen. Über frei werdende Fasern macht sich zumindest der Dachdecker-Kumpel keine Sorgen, denn der Wind steht günstig und man trägt schließlich FFP3 Masken.

Der Privatmann beginnt, sich dennoch Sorgen zu machen, ob dies alles so richtig ist und ob die beiden nicht doch einer beachtlichen Faserkonzentration ausgesetzt waren.

Erklärungsversuche und Ahnenvergleiche

Der Dachdecker-Kumpel beschwichtigt und zählt nochmals die “günstigen Umstände” auf: Schutzanzug, Maske, Kleidung wird entsorgt, Wind günstig, Big-Bag. Alles gut!

Außerdem hätten sein Vater und sein Großvater früher diese Platten in geschlossenen Räumen mit der Flex zersägt und beide erfreuen sich noch heute bester Gesundheit. Sagt der Fachmann!

Alles gut??? Mitnichten!

Grob fahrlässig und eventuell strafbar

Sehen wir uns die Sache nochmal im Detail und unter den geltenden Rechtsvorschriften an:

Die Gefahrstoffverordnung gilt bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen auch für Privatpersonen. Demnach gelten auch die Regelungen der TRGS 519.

Der Rückbau des Daches ist zwar erlaubt, allerdings unter strengen Sicherheitsmaßnahmen, wie zum Beispiel dem Benetzen des Daches mit Faserbindemittel, damit frei werdende Fasern nicht einfach davonfliegen. Die Platten zu zerbrechen oder gar zu zerschlagen, damit sie in den Abfallsack passen, ist verboten!

Der Privatmann bat seinen Freund, ihn zu unterstützen – und zwar nicht nur beim Abbau, sondern auch mit seinem fachkundigen Rat.

Dachdecker mit Sachkenntnis aber ohne Sachkunde

Nun hat der Dachdecker-Kumpel offensichtlich keine Asbest-Sachkunde nach TRGS 519, denn sonst wüsste er zumindest, dass er sich strafbar gemacht hat. Immerhin hat er seinem Freund zwar Schutzausrüstung mitgebracht. Dies hat er allerdings so interpretiert, dass man ja geschützt sei und deshalb nun brachial loslegen könne. Dass er seinen Freund unnötig gefährdet hat und zugleich noch gegen §324 und §325 StGB verstoßen hat, war ihm entweder nicht klar oder schlicht gleichgültig. Hat ja sonst niemand gesehen und verpackt ist das Zeug schließlich auch vorschriftsmäßig.

Sachkenntnis war also durchaus vorhanden, Sachkunde jedoch nicht. Ein alter Rechtsgrundsatz besagt allerdings – und den kennt nun wirklich jeder – “Nichts zu wissen schützt nicht vor Strafe!”

Rechtslage uneindeutig

Klar ist, dass der Umgang mit Asbest unsachgemäß war. Daran besteht kein Zweifel – und das gilt auch für die beiden Privatpersonen.

Unklar hingegen ist: Hat der Dachdecker als Privatperson gehandelt oder als Dachdecker, nämlich im Rahmen seines Berufes und seiner beruflichen Expertise?

Hätte er als Dachdecker beruflich gehandelt, wäre eine Strafanzeige unausweichlich. Er hätte die Sachkunde nach TRGS 519 Anhang 4 A benötigt, hätte eine Zulassung durch die Behörde und hätte die Arbeiten zusammen mit einem Arbeitsplan, Arbeitsmedizinischer Vorsorge und Gefährdungsbeurteilung zuvor bei der Behörde anzeigen müssen.

Aber hat er rein privat gehandelt? Als Kumpel? Das ist schwierig zu beantworten, denn immerhin ist er Dachdecker und kennt sich offensichtlich wenigstens ein bisschen mit der Materie aus. Er hat durch die Bereitstellung der PSA korrekt gehandelt, aber gleichzeitig durch das Zerschlagen der Platten grob fahrlässig gehandelt.

Wie würde ein Richter die Sache betrachten?

Rechtsbruch? © Heiko Hofmann

Müsste also ein Richter entscheiden, würde dieser wohl genau zu diesem Ergebnis kommen: Aufgrund seines Berufes und seiner Erfahrung hätte der Dachdecker wissen können und sogar müssen, dass die Arbeiten so nicht erlaubt sind. Er hat sich und seinen Freund unnötig gefährdet und obendrein noch argumentiert, seine Ahnen seien viel größeren Belastungen ausgesetzt gewesen und nicht krank geworden.

“Was nicht ist, kann ja noch werden”. Die Spätfolgen dieser Belastungen treten häufig erst 40 Jahre nach der Exposition auf. Den Großvater braucht das (zynischerweise) wohl nicht mehr interessieren, den Vater sehr wohl. Und das soll dann ein gutes Beispiel und Vorbild sein? Der Vergleich mit den Vorfahren ist schlicht dumm und zeugt nicht von Verantwortung, sondern signalisiert eher: “Stell Dich nicht so an!”

Wer haftet?

Wenn der Privatmann wieder Erwarten doch irgendwann krank werden sollte, wer haftet dann? Er selbst, weil er sich falschen Rat geholt hat oder der Dachdecker-Kumpel, der fahrlässig gehandelt und falsch beraten hat?

In diesem Fall entscheidet ein Gericht – wenn es denn angerufen wird…

 

Neue Branchenlösung “Asbest beim Bauen im Bestand”

Im November 2021 hat die BG Bau (Berufsgesnossenschaft der Bauwirtschaft) in Zusammenarbeit mit der BG ETEM (Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse) und der BGH (Holzwirtschaft) eine neue Branchenlösung “Asbest beim Bauen im Bestand” herausgegeben.

Diese Handlungshilfe ist insbesondere für alle Handwerksbetriebe interessant, die Mitglieder dieser Berufsgenossenschaften sind. Der Download ist generell für alle frei.

Branchenlösung “Asbest beim Bauen im Bestand”

Neben der aktuellen Branchenlösung finden Sie unter diesem Link auch zahlreiche weitere Informationen der Berufsgenossenschaften zum Thema Asbest.

Auszug:

“Asbest beim Bauen im Bestand – wirksame Maßnahmen ergreifen”

“Berlin, 24.11.2021 – Obwohl die Verwendung von Asbest seit dem Jahr 1993 verboten ist, kommen Beschäftigte beim Bauen im Bestand auch heute damit in Kontakt. Dabei können unbewusst asbesthaltige Materialien bearbeitet und dadurch gefährliche Faserstäube freigesetzt werden. Umso wichtiger sind wirksame Schutzmaßnahmen. Aufklärung und eine Handlungshilfe für die Praxis bringt jetzt eine neue Branchenlösung.”

Weitere Informationen bei der BG Bau