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Wenn der Dachdecker-Kumpel beim Abriss hilft

Trotz Pandemie gibt es noch andere “Baustellen”, die uns im privaten Umfeld beschäftigen, wie zum Beispiel Asbest.

Viele Privatpersonen sind inzwischen recht gut über die Problematik informiert und sorgen sich um Asbestvorkommen im eigenen Heim. Es ist also nicht überraschend, wenn die mit Asbestzementplatten gedeckte Garage in den Fokus rückt und zumindest zum “gefühlten” Problem wird – obwohl das eventuell gar nicht nötig ist.

Laut REACH Verordnung gibt es nämlich einen gewissen “Bestandsschutz” für asbesthaltige Produkte, wenn diese noch intakt sind und “unangefasst” bleiben.

Wenn einige der Platten jedoch beschädigt sind und sie nicht mehr ihren “ursprünglichen Zweck” erfüllen, also das Dach abdichten, dann muss es entsorgt werden. Denn das Reparieren ist verboten!

Asbestzement-Dach muss weg – Hilfe vom Dachdecker-Kumpel

Dach mit Wellasbestzement gedeckt © Harald Weber unter CC-BY-SA 3.0 Lizenz

Nun ist also guter Rat gefragt und nötigenfalls auch Hilfe – warum nicht vom befreundeten Dachdecker. Da hat man es immerhin mit einem Fachmann zu tun – wenigsten in Sachen Dach decken und abdecken.

Der Dachdecker-Freund sagt also zu und bringt sogar die Schutzausrüstung mit: Schutzanzug, FFP3 Masken.

Der Privatmann und sein Kumpel legen also los und bauen die Asbestzement-Platten ab. Zumindest versuchen sie es, denn die Platten sind nicht nur geschraubt, sondern teilweise auch mit einer bitumenartigen Masse verklebt. Macht aber nix, denn mit etwas “Nachhilfe” in Form eines Hammers lösen sich die Platten. Einige zerbrechen, umso besser.

Was nicht passt, wird passend gemacht

Gerissener Asbest-Big-Bag © Heiko Hofmann CC-BY-SA 4.0 Lizenz

Die gelösten Platten werden vorsichtig nach unten gereicht, wo man feststellt, dass die noch vollständigen, unzerbrochenen Platten nicht in den Asbest-Big-Bag passen. Auch da wird kurzerhand nachgeholfen und die überstehenden Kanten werden mit derselben Methode wie oben auf dem Dach einfach abgeschlagen. Über frei werdende Fasern macht sich zumindest der Dachdecker-Kumpel keine Sorgen, denn der Wind steht günstig und man trägt schließlich FFP3 Masken.

Der Privatmann beginnt, sich dennoch Sorgen zu machen, ob dies alles so richtig ist und ob die beiden nicht doch einer beachtlichen Faserkonzentration ausgesetzt waren.

Erklärungsversuche und Ahnenvergleiche

Der Dachdecker-Kumpel beschwichtigt und zählt nochmals die “günstigen Umstände” auf: Schutzanzug, Maske, Kleidung wird entsorgt, Wind günstig, Big-Bag. Alles gut!

Außerdem hätten sein Vater und sein Großvater früher diese Platten in geschlossenen Räumen mit der Flex zersägt und beide erfreuen sich noch heute bester Gesundheit. Sagt der Fachmann!

Alles gut??? Mitnichten!

Grob fahrlässig und eventuell strafbar

Sehen wir uns die Sache nochmal im Detail und unter den geltenden Rechtsvorschriften an:

Die Gefahrstoffverordnung gilt bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen auch für Privatpersonen. Demnach gelten auch die Regelungen der TRGS 519.

Der Rückbau des Daches ist zwar erlaubt, allerdings unter strengen Sicherheitsmaßnahmen, wie zum Beispiel dem Benetzen des Daches mit Faserbindemittel, damit frei werdende Fasern nicht einfach davonfliegen. Die Platten zu zerbrechen oder gar zu zerschlagen, damit sie in den Abfallsack passen, ist verboten!

Der Privatmann bat seinen Freund, ihn zu unterstützen – und zwar nicht nur beim Abbau, sondern auch mit seinem fachkundigen Rat.

Dachdecker mit Sachkenntnis aber ohne Sachkunde

Nun hat der Dachdecker-Kumpel offensichtlich keine Asbest-Sachkunde nach TRGS 519, denn sonst wüsste er zumindest, dass er sich strafbar gemacht hat. Immerhin hat er seinem Freund zwar Schutzausrüstung mitgebracht. Dies hat er allerdings so interpretiert, dass man ja geschützt sei und deshalb nun brachial loslegen könne. Dass er seinen Freund unnötig gefährdet hat und zugleich noch gegen §324 und §325 StGB verstoßen hat, war ihm entweder nicht klar oder schlicht gleichgültig. Hat ja sonst niemand gesehen und verpackt ist das Zeug schließlich auch vorschriftsmäßig.

Sachkenntnis war also durchaus vorhanden, Sachkunde jedoch nicht. Ein alter Rechtsgrundsatz besagt allerdings – und den kennt nun wirklich jeder – “Nichts zu wissen schützt nicht vor Strafe!”

Rechtslage uneindeutig

Klar ist, dass der Umgang mit Asbest unsachgemäß war. Daran besteht kein Zweifel – und das gilt auch für die beiden Privatpersonen.

Unklar hingegen ist: Hat der Dachdecker als Privatperson gehandelt oder als Dachdecker, nämlich im Rahmen seines Berufes und seiner beruflichen Expertise?

Hätte er als Dachdecker beruflich gehandelt, wäre eine Strafanzeige unausweichlich. Er hätte die Sachkunde nach TRGS 519 Anhang 4 A benötigt, hätte eine Zulassung durch die Behörde und hätte die Arbeiten zusammen mit einem Arbeitsplan, Arbeitsmedizinischer Vorsorge und Gefährdungsbeurteilung zuvor bei der Behörde anzeigen müssen.

Aber hat er rein privat gehandelt? Als Kumpel? Das ist schwierig zu beantworten, denn immerhin ist er Dachdecker und kennt sich offensichtlich wenigstens ein bisschen mit der Materie aus. Er hat durch die Bereitstellung der PSA korrekt gehandelt, aber gleichzeitig durch das Zerschlagen der Platten grob fahrlässig gehandelt.

Wie würde ein Richter die Sache betrachten?

Rechtsbruch? © Heiko Hofmann

Müsste also ein Richter entscheiden, würde dieser wohl genau zu diesem Ergebnis kommen: Aufgrund seines Berufes und seiner Erfahrung hätte der Dachdecker wissen können und sogar müssen, dass die Arbeiten so nicht erlaubt sind. Er hat sich und seinen Freund unnötig gefährdet und obendrein noch argumentiert, seine Ahnen seien viel größeren Belastungen ausgesetzt gewesen und nicht krank geworden.

“Was nicht ist, kann ja noch werden”. Die Spätfolgen dieser Belastungen treten häufig erst 40 Jahre nach der Exposition auf. Den Großvater braucht das (zynischerweise) wohl nicht mehr interessieren, den Vater sehr wohl. Und das soll dann ein gutes Beispiel und Vorbild sein? Der Vergleich mit den Vorfahren ist schlicht dumm und zeugt nicht von Verantwortung, sondern signalisiert eher: “Stell Dich nicht so an!”

Wer haftet?

Wenn der Privatmann wieder Erwarten doch irgendwann krank werden sollte, wer haftet dann? Er selbst, weil er sich falschen Rat geholt hat oder der Dachdecker-Kumpel, der fahrlässig gehandelt und falsch beraten hat?

In diesem Fall entscheidet ein Gericht – wenn es denn angerufen wird…

 

Asbestzementdach selbst abbauen

Dürfen Privatpersonen ein Dach aus Asbestzement selbst abbauen?

Und wenn ja, muss dies bei der Behörde angezeigt werden? – Ein Blick in die Vorschriften

Der Umgang mit Asbest und Produkten daraus ist streng geregelt und nicht immer ist klar, für wen die Regeln nun genau gelten und für wen nicht.

Dach mit Wellasbestzement gedeckt © Harald Weber unter CC-BY-SA 3.0 Lizenz

Generell gilt zunächst für alle Personen, die Umgang mit Asbest haben oder auch planen: Ein Blick in die Rechtsvorschriften schadet nicht!
Eine der wichtigsten Verordnungen in diesem Zusammenhang ist die Gefahrstoffverordnung GefStoffV. Unter §1 “Begriffsbestimmungen” ist geregelt, dass die Verordnung nicht für Privathaushalte gilt. Hier ist aber größte Vorsicht geboten, denn diese Regelung wird in Anhang II “Asbest zum Teil wieder aufgehoben. Wer also die GefStoffV gleich nach §1 wieder weglegt und mit den Arbeiten loslegt, begibt sich auf dünnes Eis.

Gemäß Anhang II gilt die GefStoffV nämlich auch für Privathaushalte genau dann, wenn es sich um sogenannte ASI Arbeiten handelt, als Abbruch, Sanierung und Instandhaltung, also auch den Abbruch eines Asbestzementdaches im Privathaushalt. Dazu gehört selbstverständlich auch der Schuppen auf dem eigenen Grundstück!

Wenn also die GefStoffV gilt, gilt in diesem Zusammenhang auch die TRGS 519 “Asbest – Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten“. Leser Sie dazu auch das Kapitel “Rechtsvorschriften”

Daraus ergeben sich 2 weitere Fragen, nämlich:

  1. Brauchen Privatpersonen die in der TRGS 519 geforderte Sachkunde?
  2. Müssen Privatpersonen die geplanten Arbeiten bei der Behörde anzeigen?

Sachkunde – ja oder nein?

Die Antwort auf diese Fragen ist tatsächlich nicht einfach – daher müssen wir uns zunächst damit beschäftigen, welchen Hintergrund diese Regeln haben.

Die Gefahrstoffverordnung und in diesem Zusammenhang die TRGS 519 dienen in erster Linie dem Arbeitsschutz. Und dabei geht es auch um die Haftung von Arbeitgebern gegenüber ihrer Mitarbeiter. Wem gegenüber sollen aber Privatpersonen haften, wenn sie keine Mitarbeiter haben?

Eine Haftung wird aber immer dann relevant, wenn Dritte durch die eigenen Handlungen gefährdet werden. Und eine Gefährdung Dritter ist dann wahrscheinlich, wenn Asbestfasern durch die Arbeit freigesetzt werden und Dritte dieser Belastung ausgesetzt sind – und zwar zunächst unabhängig von der Menge des freigesetzten Schadstoffes!

Wenn Sie also als Privatperson Arbeiten an Asbest ohne Sachkenntnis durchführen und Dritte gefährden,  weil Sie die arbeiten dann ggf. unsachgemäß ausführen, ist dies unsachgemäßer Umgang mit Asbest. Im Fall der GefStoffV ist dies eine Ordnungswidrigkeit!

Hinzu kommt nun noch das Strafrecht: Nämlich die §§ 324 und 325 StGB: “Gewässerverunreinigung”, “Bodenverunreinigung” und “Luftverunreinigung”. Ohne hierbei ins Detail zu gehen und zu klären, ob dies in beachtlichem Umfang geschieht oder nicht oder ob jemand dabei tatsächlich zu Schaden kommt oder nicht, sollten hier die Alarmglocken läuten. Am Ende entscheidet dies ein Richter oder eine Richterin und soweit muss es nicht kommen!

Um also Arbeiten an Asbestzement im privaten Umfeld durchzuführen benötigen Sie Sachkenntnis, um Dritte nicht zu gefährden. Wenn Sie diese Sachkenntnis haben und dies im Zweifel auch nachweisen können, müssen Sie nicht unbedingt die Sachkundeschulung besucht und bestanden haben. Besser wäre das jedoch, denn nur dann können Sie nachweisen, dass Sie nicht unsachgemäß vorgegangen sind und alle Maßnahmen zum Schutz Dritter und der Umwelt getroffen haben.

Anzeige an die Behörde – ja oder nein?

Diese Frage ist durchaus schwieriger zu beantworten:

Hierbei müssen wir uns die Frage stellen, worum es der Behörde (Gewerbeaufsicht) tatsächlich geht. Die Antwort steckt bereits im Begriff “Gewerbeaufsicht”. Sie interessiert sich für Gewerbetreibende. Warum sollte sie sich auch noch um Privathaushalte kümmern?

Auch hier geht es um Arbeitsschutz – und solange Sie “bestenfalls” nur sich selbst gefährden, aber die Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist, tritt auch keine Haftung gegenüber Dritten ein. Allerdings dürfen Sie auch die Umwelt nicht belasten, denn sonst könnten ja über “Umwege” Dritte gefährdet werden.

Zudem fordert die Anzeige an die Behörde Maßnahmen, die Privatpersonen gar nicht erfüllen können wie zum Beispiel:

Unternehmensbezogene Anzeige: Damit zeigt ein Unternehmen an, dass Arbeiten an Asbest ausschließlich durch geschulte Mitarbeiter*innen unter den geforderten Schutzmaßnahmen durchgeführt werden, alle eine arbeitsmedizinische Vorsorge durchgeführt haben, eine Gefährdungsbeurteilung vorliegt, die erforderlichen technischen Schutzmaßnahmen und das dazu nötige Gerät vorhanden und zugelassen ist sowie das Unternehmen auch eine Zulassung erhalten hat.

Objektbezogene Anzeige: Damit zeigt das Unternehmen die geplanten Arbeiten bei der Behörde 7 Tage vor Beginn der Arbeiten an und legt dazu eine Liste der Beschäftigten Mitarbeiter*innen, die Benennung einer verantwortlichen Aufsichtsperson mit der nötigen Sachkunde samt Nachweis, das Schutzkonzept, alle erforderlichen Nachweise, einen Arbeitsplan mit Angaben von Ort, Zeit und Dauer, die erwartete Faserfreisetzung, eine Gefährdungsbeurteilung, etc. vor.

Das kann eine Privatperson gar nicht leisten. Dennoch dürfen Dritte nicht gefährdet werden – und dafür sind auch Privatpersonen verantwortlich und haftbar.

Letztlich hat trotz allem die örtliche Behörde das letzte Wort.

Hypothetisches Fallbeispiel

Angenommen Sie bauen Ihr Asbestzementdach ab und jemand hilft Ihnen dabei. Nun beobachtet der Nachbar die Arbeiten und sieht, dass dies (aus seiner Sicht oder auch mit Sachkenntnis) nicht sachgemäß durchgeführt wird. Er fühlt sich belästigt und sogar durch Faserfreisetzung gefährdet und ruft die Polizei. Wenn dazu noch beobachtet wird, ob dabei Asbestzementplatten zerbrochen sind und kreuz und quer auf dem Boden herumliegen, hat man schlechte Karten.

Asbestzement im Wald entsorgt

Zerbrochene Asbestzemetplatten im Wald zu entsorgen ist eine Straftat! © Heiko Hofmann

Dann kommt natürlich die Polizeit vorbei und stellt Fragen. Die Anzeige an die Behörde erfolgt dann durch die Polizei und zwar nicht im Sinne der TRGS 519, sondern im Sinne der Polizei. Dann wird geprüft, ob eine Ordnungswidrigkeit oder sogar ein Straftatbestand vorliegt. Das muss nicht sein!

Besser vorher nachfragen

Daher ist man auf jeden Fall gut beraten, sich vorab zu erkundigen, ob man unter welchen Bedingungen selbst Hand anlegen darf. Fragen kostet nichts und auch bei der Gewerbeaufsicht wird man nicht gleich angebellt. Im Gegenteil: Es kommt gut an, wenn man sich darum kümmert, alles richtig zu machen und Fachleute fragt.

 

Literatur

Fachartikel

Rechtssicherheit für Privatpersonen

Die meisten Rechtsvorschriften gelten für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

Der Schutz vor Asbest bzw. berufsbedingte Erkrankungen durch Asbest entstammen dem Arbeitsschutz. Arbeitgeber*innen müssen gemäß Arbeitsschutzgesetz ArbSchG dafür sorgen, dass ihren Angestellten keine berufsbedingten Erkrankungen durch den Umgang mit gefährlichen Substanzen oder generell gefährliche Tätigkeiten drohen – auch nach ihrem Berufsleben nicht. Arbeit darf nicht krank machen.

Welche Vorschriften gelten für Privatpersonen?

Da Privatpersonen in der Regel keine Arbeitgeber*innen sind (und deshalb nicht zum Arbeitsschutz verpflichtet sind, solange sie alleine und auf dem eigenen Grundstück tätig werden), niemand wirklich vorschreiben kann (oder zumindest kontrollieren kann), was man im privaten Umfeld alles tut und lässt und der Gesetzgeber darüberhinaus davon ausgeht, dass jeder sehr gut auf sich selbst aufpassen kann, wird weitgehend Abstand davon genommen, das Privatleben auch noch zu reglementieren.

Nun unterstellt allerdings der Gesetzgeber auch, dass sich Privatpersonen in der Regel eher nicht mit Asbest und den damit verbundenen Gesundheitsgefahren im Detail auskennen. Im unsachgemäßen Umgang (von dem pauschal ausgegangen wird, wenn Personen nicht speziell geschult sind) mit Asbest und Produkten, die Asbest enthalten, kann es leicht zur Faserfreisetzung kommen, wodurch diese Personen nicht nur sich selbst gefährden, sondern womöglich auch andere, Unbeteiligte. Dieser unsachgemäße Umgang entsteht sogar bereits dann, wenn Asbest nicht erkannt wird oder von dessen Vorhandensein nichts bekannt ist und man Heimwerkerarbeiten an potentiell asbesthaltigen Produkten durchführt.

Die folgenden Vorschriften gelten (mit Einschränkungen) auch für Privatpersonen:

Gefahrstoffverordnung

Im Zusammenhang mit Asbest greift der Gesetzgeber hier ein: Und zwar in Form der Gefahrstoffverordnung. Die gilt zwar gem. §1 Geltungsbereich nicht für Privathaushalte. Allerdings wird diese “Freigabe” für Privatpersonen in § 11 (7) “Verwendungs- und Tätigkeitsbeschränkungen für Asbest” wieder kassiert. Gleichzeitig wird aber auch das generelle Umgangsverbot mit Asbest aufgehoben: Nämlich durch die Ausnahmen der Abbruch, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten).

Demnach gilt das Verbot des Umgangs und der Herstellung von Asbest und Produkten daraus auch für Privathaushalte.

Privathaushalte dürfen daher explizit ASI Arbeiten in Eigenregie durchführen. ABER: Diese müssen zulässig sein und es gelten sämtliche Schutzmaßnahmen nach TRGS 519 (siehe unten).

Außerdem wird es sehr knifflig, wenn Privatpersonen (freiwillige) Helfer hinzuholen: Dann werden sie nämlich zum Arbeitgeber und sie sind als solcher voll in der Verantwortung und unterliegen sämtlichen Rechtsvorschriften zum Arbeitsschutz!

Und diese Vorschriften können Privatpersonen unmöglich kennen und einhalten.

TRGS 519

Da die Vorschriften aber aufeinander aufbauen, gilt konsequenterweise für diese Arbeiten demnach die TRGS 519 auch für Privatpersonen. Das bedeutet streng genommen, dass Privatpersonen ASI Arbeiten durchführen dürfen, allerdings nur, wenn sie dieselben Voraussetzungen erfüllen, wie Beschäftigte oder Fachbetriebe auch.

Jetzt wird es kompliziert: Da aber grundsätzlich unterstellt werden kann, dass Privatpersonen weder über die erforderliche Sachkunde verfügen noch über das entsprechende Gerät, um die geforderten Schutzmaßnahmen einhalten zu können, kann die TRGS 519 in der Praxis nicht auf Privatpersonen angewendet werden. Außerdem sind Privatpersonen weder für die Teilnahme an Sachkundelehrgängen noch für die Anzeige der Arbeiten an die Aufsichtsbehörde vorgesehen. Die Behörde heißt nicht umsonst “Gewerbeaufsicht” und nicht “Privataufsicht”.

Aber: Auch wenn die Gewerbeaufsicht nicht für Privathaushalte zuständig ist, kann sie doch bei Verstößen gegen die Rechtsvorschriften durch Privatpersonen empfindliche Bußgelder gegen diese verhängen. Und bei Bußgeldern gilt: Diese werden ohne gerichtliches Verfahren verhängt und sind sofort zu entrichten, nicht erst nach einem Urteil in einem Strafverfahren. Sie kennen das vielleicht von Bußgeldern im Straßenverkehr (das “Knöllchen”).

Beauftragen Sie im Zweifel sowohl für die Erkundung, ob mit Asbestprodukten zu rechnen ist oder ob diese tatsächlich da sind als auch für die Arbeiten mit Asbestprodukten, wenn diese nachgewiesen wurden, Fachpersonal. Nur dann sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite!

Vorschriften zur Entsorgung

Wer Asbestprodukte entsorgen will, unabhängig ob Firma oder Privatpersonen, muss die Vorschriften zur Entsorgung einhalten. Diese gelten für alle uneingeschränkt!

Leitlinien für die Asbesterkundung

Deckblatt der Leitline zur Asbesterkundung der BAuA © BAuA: Dortmund

Während für alle gewerbsmäßig arbeitende Unternehmen, die Baumaßnahmen planen bzw. durchführen und mit einer Erkundung von Asbest in Gebäuden konfrontiert werden, zahlreiche Regeln, Verordnungen und Informationsquellen zum sachgerechten Umgang mit Asbest zur Verfügung stehen, werden private Hausbesitzer, Heimwerker und Nutzer (“Laien”) oft mit der Problematik allein gelassen und nicht ausreichend mit Entscheidungs- und Handlungshilfen versorgt.

Deshalb hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BAuA eine Leitlinie ausgearbeitet, die auch für Privatpersonen, Heimwerker, aber auch Mieter und private Auftraggeber angewendet werden kann. Ein Leitfaden mit Entscheidungshilfen, der wertvolle Hinweise zum Umgang und zur Erkundung von Asbest enthält.

Dies ist aber keine Anleitung, um selbst Hand anzulegen, aber eine Hilfestellung, wie man vorgeht, um z.B. den richtigen Experten zu finden und Sie als Privatperson für die Problematik Asbest zu sensibilisieren.

Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden

Gesetze und Rechtsvorschriften

Komplex und nicht immer eindeutig…

Asbest kann nachweislich Krebs auslösen und schlimmstenfalls zum Tod führen. Deshalb darf Asbest seit 2005 als Rohstoff nicht mehr in die EU eingeführt werden, es dürfen keine Produkte daraus oder damit hergestellt werden und es dürfen keine Produkte, die aus Asbest bestehen oder die Asbest enthalten, mehr verwendet werden. Dennoch: Das Asbest ist da und alleine ein Verbot lässt es nicht verschwinden.

Während der Ära der ausgiebigen und recht unbekümmerten Anwendung von Asbest bestand praktisch keine Notwendigkeit für strenge Rechtsvorschriften zum sicheren Umgang damit. Das wäre ja kontraproduktiv gewesen.

Erst seit dem Asbest-Verbot in Deutschland bestand endlich Gelegenheit und die Notwendigkeit, Erfahrung im sicheren Umgang durch Abbruch, Sanierung und Instandhaltungsarbeiten zu sammeln und die Rechtsvorschriften allmählich anzupassen – und zwar in sämtlichen Rechtsbereichen, die die Thematik in irgendeiner Weise berühren.

Was gilt für wen?

Der Schutz vor Asbest bzw. der Schutz vor den Gesundheitsgefahren durch Umgang mit Asbest entstammt insbesondere dem Arbeitsschutz. Deshalb gelten die meisten Vorschriften für Arbeitgeber, um ihren Arbeitsschutzpflichten gerecht zu werden.

Es gibt aber auch Ausnahmen für Privatpersonen. Sobald aber Privatpersonen selbst Umgang mit Asbest oder asbesthaltigen Erzeugnissen haben (z. B. durch Heimwerkerarbeiten) und es wegen mangelnder Fachkenntnis zur unbeabsichtigten Freisetzung von Asbest kommt, hat dies eventuell neben gesundheitlichen auch rechtliche Konsequenzen. Deshalb sind auch Privatpersonen gut beraten, sich mit den Rechtsvorschriften vertraut zu machen oder zumindest einen Überblick zu verschaffen.

Querverweise

Weil sich Gesetze, Richtlinien, Verordnungen, Normen und Regeln immer gegenseitig aufeinander beziehen, ist es sehr mühsam, den Überblick zu gewinnen und dann auch noch zu behalten.

Ziel dieser Seite ist, Ihnen diese mühsame Arbeit abzunehmen oder wenigstens zu erleichtern. Sie kann Ihnen helfen, sich im “Vorschriftendschungel” besser zurecht zu finden und einen Eindruck zu bekommen, worauf Sie achten müssen.

Sie haben die Wahl:

Option 1 – das volle Programm:

Sie gehen die Vorschriften auf dieser Seite nacheinander durch und erhalten einen Überblick unabhängig davon, ob die Vorschriften tatsächlich für Sie relevant sind. Diese Seite ist eher informativ als pragmatisch, dafür wissen Sie aber auch, wie alles zusammenhängt. Dennoch sind der Übersichlichkeit halber die Vorschriften nach Thema gegliedert. Daraus ergibt sich bereits von selbst, welche Vorschriften für wen gelten.

Option 2 – Vorschriften für Privatpersonen:

Welche Rechtsvorschriften für Privathaushalte relevant sind und wie man sie möglichst pragmatisch anwendet, finden Sie auf dieser Seite. Sie wissen, was für Sie gilt und wie Sie sich (rechtssicher) verhalten müssen, was Sie dürfen und was nicht.

 

Wenn Sie in irgendeiner Form mit Asbest zu tun haben oder damit zu tun bekommen oder vorhaben, selbst Hand anzulegen, sollten Sie sich mit diesen Vorschriften befassen. Sie können das Thema aber auch ganz aus der Hand geben und sich von Experten beraten lassen.

Das Dilemma mit den Brandschutzklappen

Alte Brandschutzklappen enthalten oft Asbest

Brandschutzklappen sind wichtige Einrichtungen, um die Ausbreitung von Bränden zwischen verschiedenen Brandschutzabschnitten über die Lüftungsanlage zu verhindern. Natürlich müssen diese Klappen im Einsatz nicht nur hohe Temperaturen aushalten, sondern auch einwandfrei funktionieren.

Asbesthaltige Brandschutzklappe mit Anschlagdichtung aus Asbest © Heiko Hofmann CC-BY-SA 4.0

Lange Zeit war es daher naheliegend, Brandschutzklappen aus dem feuerfesten Wunderstoff Asbest herzustellen oder wenigstens Teile davon. Bis zum Asbestvebot 1993 wurden daher die meisten Brandschutzklappen mit Klappenblättern und / oder Anschlagdichtungen aus Asbest bzw. asbesthaltig hergestellt.

Auch heute noch sind in den meisten Gebäuden der öffentlichen Hand und in vielen Groß- und Industriegebäuden noch asbesthaltige Brandschutzklappen eingebaut.

Brandschutzauflagen müssen erfüllt werden

Um aktuelle Brandschutzauflagen zu erfüllen, müssen diese Klappen regelmäßig auf ihre Funktionalität geprüft werden. Normalerweise wird dies von der Feuerwehr oder von zertifizierten Brandschutzexperten durchgeführt und dokumentiert.

Allerdings sind auch die zuletzt (bis 1993) eingebauten asbesthaltigen Brandschutzklappen in die Jahre gekommen und können bei der Auslösung während des Tests signifikante Mengen an Asbestfasern freisetzen, die dann über die Lüftungsanlage in die belüfteten Räume verteilt werden. Zumindest im Zuluftstrom. Und dies ist fatal: Nicht nur werden Asbestfasern freigesetzt und an die Arbeitsplätze von Menschen transportiert – es handelt sich auch um einen anzeigepflichtigen Umgang mit Asbest – mit allen Konsequenzen.

Nun sind Brandschutzexperten und -Gutachter oder Feuerwehrleute nicht unbedingt gleichzeitig in Asbest-Sachkunde geschult bzw. zertifiziert. Viele lehnen sogar den Test asbesthaltiger Brandschutzklappen ab wegen der Gefahr der Faserfreisetzung und Kontamination. Derjenige, der die Klappe zum Test auslöst, hat automatisch die Verantwortung für eine potentielle Faserfreisetzung. Da er aber möglicherweise nicht über die Sachkunde im Umgang mit Asbest verfügt, kann er die Freisetzung weder bewerten noch den an die Lüftungsanlage angeschlossenen Bereicht mit entsprechenden Maßnahmen absichern. Zwangsläufig wäre die Sperrung des angeschlossenen Bereichs die Folge. Und zwar solange, bis nachgewiesen wurde, dass entweder keine Kontamination stattgefunden hat oder bis der Bereich gereinigt und freigemessen wurde. Ohne Asbest-Sachkunde (bzw. Asbest Experte) und Analytik geht also nichts.

Worst Case

Auf der anderen Seite müssen die Klappen regelmäßig einmal jährlich geprüft werden, da sie sonst ihre Zulassung verlieren – ganz zu schweigen von den rechtlichen Konsequenzen, falls eine ungeprüfte Klappe im Brandfall versagt und sich ein Brand ausbreitet. Falls dann noch Personen zu Schaden kommen, fragt niemand mehr nach Asbest, schon gar nicht vor Gericht.

Was also tun?

Oder: Wenn man die Wahl hat gegen welche Vorschrift man verstoßen soll, welche soll es denn sein? Welche Vorschrift siegt: Brandschutz oder Schutz vor Asbest? Geht das überhaupt zusammen?

Test einer Brandschutzklappe mit gleichzeitiger Messung der Faserfreisetzung. Kurz nachdem die Klappe fällt, sind davonfliegende Partikel zu erkennen © Heiko Hofmann

Fest steht: Beim Test von alten Brandschutzklappen muss mit einer signifikanten Freisetzung von Asbestfasern gerechnet werden und der Test bedeutet einen Umgang mit Asbest. In der Konseqeunz müssen alle von der TRGS 519 geforderten Schutzmaßnahmen erfüllt werden:

  • Schwarzbereich
  • Unterdruckhaltung
  • Personenschleuse
  • Unternehmensbezogene Anzeige bei der Gewerbeaufsicht
  • Objektbezogene Anzeige bei der Gewerbeaufsicht
  • Brandschutzklappentest durch Asbest-Sachkundigen in Begleitung eines Brandschutzgutachters
  • Anschließende Reinigung durch Spezialfirma und
  • Freimessung durch Asbest- bzw. Schadstoffgutachter
  • Abschlussbericht bzw. Gutachten des Schadstoffgutachters
  • Abschlussbericht bzw. Gutachten des Brandschutzgutachters

Die Kosten für den Test nur einer einzigen Klappe gehen somit schnell in einen fünfstelligen Bereich. Nur hat man nicht nur eine Klappe, sondern im Zweifel hunderte! Und diese Kosten fallen jedes Jahr erneut an, denn in diesem Intervall sind die Prüfungen fällig.

Man könnte fast unterstellen, dies sei eine Goldgrube für Gutachter – wäre da nicht auch die tatsächliche Gefährdung durch Asbest.

Ausbau und Entsorgung

Also warum nicht gleich die alten Brandschutzklappen ausbauen und gegen neue, Asbestfreie ersetzen? Dann hätte man den finanziellen und vor allem technischen Aufwand nicht mehr jährlich, sondern nur einmal. Möglicherweise ist der Zustand der in die Jahre gekommenen Klappen eventuell bereits so schlecht, dass sie trotz technischer Funktionalität wegen defekter Asbestdichtungen gar keine Zulassung mehr bekommen würden.

Andererseits ist es in vielen Fällen bautechnisch nicht ohne sehr großen Aufwand möglich, Klappen oder wenigstens Klappenblätter und Dichtungen zu ersetzen. Und dann reicht womöglich das für den Austausch der Klappen nötige Geld dann doch nicht… wie im öffentlichen Sektor.

Asbestrichtlinie der Länder eher kontraproduktiv

Nach Asbestrichtiline (siehe Umgang mit Asbest im Kapitel Rechtslage) müssen asbesthaltige Produkte regelmäßig auf deren Zustand geprüft werden. Daraus ergeben sich sogenannte Dringlichkeitsstufen für die Asbestsanierung.

Defekte Anschlagdichtung einer Brandschutzklappe aus Asbest © Heiko Hofmann CC-BY-SA 4.0

Nun stuft die Asbestrichtlinie ausgerechnet Brandschutzklappen pauschal in Dringlichkeitsstufe III ein – das bedeutet: Erneute Bewertung gem. Asbestrichtlinie erst wieder in 5 Jahren. Und zwar solange, bis die Nutzungsdauer abgelaufen ist, denn eine andere Dringlichkeitsstufe ist für Brandschutzklappen nicht vorgesehen.

Ironischerweise ist die Asbestrichtlinie von 1996. Selbst die damals neuen Klappen sind heute knapp 25 Jahre alt und die Dichtungen sowie Blätter teilweise porös, brüchig, defekt.

Aktueller Leitfaden

Der Gesamtverband Schadstoffsanierung schlägt nun im Rahmen eines brandaktuellen Leitfadens vor:

  • Der Zustand aller asbesthaltiger Brandschutzklappen müsse von Fachleuten geprüft werden.
  • Der Zustand wird in 3 Kategorien eingeteilt: Unbeschädigt, leicht beschädigt und stark beschädigt.
  • Brandschutzklappen, deren Dichtungen aus sogenanntem Sikaflex (eine Art Asbestschaumstoff) bestehen, dürfen gar nicht erst geprüft werden.
  • Generell ist der Austausch gegenüber Prüfung und weiterem Betrieb zu bevorzugen

Die Sache hat nur einige Haken:

  • Der Gesamtverband Schadstoffsanierung hat gewisse finanzielle Interessen,
  • der Leitfaden ist ein Leitfaden und keine wirkliche Rechtsgrundlage, so vernünftig die Maßnahmen auch sind.
  • Beim Brandschutzklappentest müssen 2 Gutachter anwesend sein: Einer mit Asbest-Sachkunde und einer mit Brandschutz-Sachkunde. Oder ein Gutachter, der beide Arten der Sachkunde erworben hat und für genau diese Kombination spezialisiert ist.
  • Die Prüfung von Brandschutzklappen nützt also am ehesten den Gutachern, wenn man nach den neuen Leitlinien des Gesamtverbandes vorgehen will.

Dennoch bietet der Leitfaden ein solide Handlungsgrundlage, wie bei einem Test möglichst sicher (und vor allem rechtssicher) vorzugehen ist. Ein Druckmittel, alte Brandschutzklappen endgültig auszutauschen, ist sie hingegen nicht. Sollte der Leitfaden jedoch kurzfristig den Rang des “Standes der Technik” erreichen, werden sich Gutachter und auch Gerichte daran orientieren.

Welche Gefahr ist größer? – Wahrscheinlichkeiten

Rechtlich geklärt ist die Angelegnheit leider noch nicht, aber es gibt Tendenzen in der aktuellen Diskussion:

Ob eine Brandschutzklappe im Brandfall fällt, ist keine Frage der Prüfung. Das bedeutet, alleine die Prüfung zu einem bestimmten Zeitpunkt x sorgt nicht mit absoluter Sicherheit dafür, dass die Klappe zum Zeitpunkt y fällt. Sie sagt nur etwas darüber aus, dass sie zum Prüfzeitpunkt funktioniert hat und der Prüfer / die Prüferin dies dokumentiert hat. Die Klappe ist also ab dem Prüfzeitpunkt bzw. mit Datum der Prüfbescheinigung für ein weiteres Jahr zugelassen.

Anders herum bedeutet die ausgelassene Prüfung nicht, dass die Klappe im Brandfall nicht fällt. Die Gefahr, dass durch eine eventuell im Brandfall (sehr selten bzw. unwahrscheinlich) nicht funktionierende Brandschutzklappe (sehr selten bzw. unwahrscheinlich) Personen schwer zu Schaden kommen (sehr unwahrscheinlich) ist also der Faktor aus dreimal selten bzw. unwahrscheinlich und somit sehr hypothetisch.

Dem gegenüber ist die Gefahr einer Faserfreisetzung durch den Test einer asbesthaltigen Brandschutzklappe sehr konkret und auch messbar. Also sehr wahrscheinlich. Allerdings darf man bei dieser Betrachtungsweise nicht vergessen, dass wiederum das Risiko aufgrund dieser extrem kurzzeitigen Faserfreisetzung bei einer vergleichsweise geringen Anzahl freigesetzter Fasern (und einer noch geringeren Menge schlimmstenfalls eingeatmeter Fasern), an Krebs zu erkranken ebenso gegen Null strebt.

Nullsummenspiel

Die Betrachtung der Wahrscheinlichkeiten ist also praktisch nahezu ein Nullsummenspiel. Trotzdem: Die widersprüchliche Rechtsprechung existiert und muss eingehalten werden, solange keine spezifischeren Lösungen im Angebot sind.

Was tun?

Das bedeutet: Brandschutzklappentest sind Pflicht und auch unter den gegebenen Bedingungen erlaubt. Allerdings nur mit Brandschutzgutachter und Asbest-sachkundiger Person, Anzeige an die Behörde und Sicherungsmaßnahmen nach TRGS 519. Brandschutzklappen nicht zu testen ist hingegen auch keine Lösung.

Falls dies jedoch aus besonderen Gründen nicht möglich ist, etwa weil der finanzielle Schaden durch die Sperrung eines angeschlossenen Bereichs zu groß wäre, muss dies mit der Behörde abgestimmt werden. Die Problematik ist bekannt und ggf. kann mit der aufsichtsführenden Behörde eine individuelle Lösung gefunden werden.

Asbest – Die Rechtslage

Den Durchblick bekommen – und behalten

Die Vorschriften im Zusammenhang mit Asbest sind umfangreich und mitunter recht komplex.

Auch wenn die Summe der Rechtsvorschriften anfangs sehr unübersichtlich und unstrukturiert erscheint, steckt doch eine gewisse Logik dahinter. Ungewohnt und vielleicht nervig sind die vielen Querverweise, die man streng genommen lesen muss, damit sich ein Zusammenhang der Rechtslage ergibt. Das bedeutet aber, dass man praktisch mehrere Vorschriften parallel lesen muss und sich den Text aus lauter einzelnen Absätzen selbst zusammensetzten. Andererseits sind Vorschriften aufeinander aufbauend geschrieben und auch so entstanden. Es ist deshalb nicht nötig und auch unmöglich, alle Details in jeder Vorschrift erneut zu wiederholen, nur damit man nicht querlesen muss.

Daraus können aber auch einige Unklarheiten entstehen: Wenn Vorschrift A geändert oder aktualisiert wird, diese sich zum Teil auf Vorschrift B bezieht und Vorschrift B nicht aktualisiert wird, kann es zu widersprüchlichen Aussagen kommen. Nicht einmal diejenigen, die die Vorschriftentexte ausarbeiten, haben immer alle Verweise im Blick… Dass Privatpersonen und Privathaushalte aus vielen Vorschriften ausgenommen sind, teilweise aber dann wieder einige Paragraphen gelten, macht die Sache nicht leichter…

Im Zweifel hilft es, sich auf die Grundidee aller Vorschriften zu besinnen:

Das Ziel ist es, Asbest loszuwerden und die Menschen vor den Gefahren durch Asbest zu schützen. Deshalb ist man immer gut beraten, nicht herauszufinden, was man im Zweifel alles darf, sondern umgekehrt: Wovon man besser die Finger lässt.

Außerdem kann man sich bei Fragen auch immer an die zuständige Behörde wenden, denn die hat am Ende das letzte Wort. Das wären meistens die Landratsämter bzw. die Gewerbeaufsicht.

Der strukturelle Aufbau der Vorschriften

Es gibt Verordnungen und Richtlinien auf EU Ebene sowie Gesetze, Verordnungen und Richtlinien auf nationaler Ebene. Zusätzlich gibts es dort auch noch Technische Regeln, Normen, Handlungsanleitungen – und alle folgen einer bestimmten Hierarchie:

EU Ebene

  • Bild von Pete Linforth auf Pixabay

    Verordnungen (rechtsverbindlich): Sie gelten, sobald sie vom EU Parlament verabschiedet und veröffentlicht wurden. Z. B. REACH Verordnung, CLP Verordnung.

  • EU-Richtlinien (rechtsverbindlich): Sie gelten zunächst nicht auf nationaler Ebene und müssen in den Mitgliedsstaaten in nationales Recht “umgewandelt” werden. Die EU gibt jedoch den Zeitrahmen dafür vor (sog. EU-Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie: EG-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG).

Nationale Ebene

  • Bild von Pete Linforth auf Pixabay

    Gesetze (rechtsverbindlich): Entweder umgesetzte EU Richtlinien oder eigene nationale Gesetze. Sie geben meist nur den Rahmen vor, regeln jedoch eher keine Details. Z.B. Arbeitsschutzgesetz

  • Verordnungen (rechtsverbindlich): Häufig anstelle von Gesetzen und meist detallierter als Gesetze, wenn sie sich auf Gesetze beziehen. Z.B. Chemikalienverbotsverordnung, Gefahrstoffverordnung
  • Richtlinien und Vorschrifen (bedingt rechtsverbindlich): Handlungs- oder Ausführungsvorschrift einer Institution wie z.B. der Unfallkassen. Unfallkassen sind Versicherungsträger der Arbeitgeber und Berufsverbände. Sie bezahlen nicht freiwillig, sondern nur dann, wenn Arbeitgeber die Versicherungsbedingungen eingehalten haben. Deshalb können die Unfallkassen solche Richtlinien vorgeben. Ähnlich verhält es sich mit den staatlichen Aufsichtsbehörden wie Regierungspräsidien, Gewerbeaufsicht. Insofern sind diese Vorschriften und Richtlinien verbindlich. Z.B. DGUV V1 (sog. Unfallverhütungsvorschrift der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung DGUV, Asbestrichtlinie der Länder)
  • Technische Regeln (bedingt rechtsverbindlich): Sie stellen den Stand der Technik dar und regeln die verschiedensten Themenbereiche im Detail. Sie sind rechtsverbindlich, wenn sie in der Rechtsprechung als “aktueller Stand der Technik” herangezogen werden. Herausgegeben werden die Technischen Regeln ebenfalls von Berufsverbänden, Expertengremien und dem Dachverband der Unfallkassen, der DGUV. Z.B. Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS), Arbeitsstättenregeln (ASR)
  • DIN-Normen (Anwendung freiwillig): DIN-Normen werden unter der Leitung des Deutschen Instituts für Normung auf freiwilliger Basis auf Grundlage der Ergebnisse von Wissenschaft, Technik und Erfahrung erarbeitet und enthalten möglichst vereinheitlichte Regeln und Handlungsanleitungen. DIN-Normen sind Empfehlungen und können, müssen aber nicht benutzt werden. Sie bilden in der Regel den sog. Stand der Technik ab. Wenn man davon abweicht, sollte durch einen Sachverständigen geprüft werden, dass die Abweichung ebenfalls Arbeitsschutzvorschriften erfüllt.

Als Faustregel gilt: Die Rechtsverbindlichkeit nimmt von oben nach unten ab, die Detailtreue nimmt hingegen zu.

 

Um auf dieser Seite eine gewisse Struktur abzubilden, sind die Gesetze und Vorschriften nach deren Zielsetzung geordnet:

Anhand dieser Gruppen ergibt sich bereits, welche Vorschriften für welche Interessensgruppen wichtig sind.