Dürfen Privatpersonen ein Dach aus Asbestzement selbst abbauen?
Und wenn ja, muss dies bei der Behörde angezeigt werden? – Ein Blick in die Vorschriften
Der Umgang mit Asbest und Produkten daraus ist streng geregelt und nicht immer ist klar, für wen die Regeln nun genau gelten und für wen nicht.

Dach mit Wellasbestzement gedeckt © Harald Weber unter CC-BY-SA 3.0 Lizenz
Generell gilt zunächst für alle Personen, die Umgang mit Asbest haben oder auch planen: Ein Blick in die Rechtsvorschriften schadet nicht!
Eine der wichtigsten Verordnungen in diesem Zusammenhang ist die Gefahrstoffverordnung GefStoffV. Unter §1 “Begriffsbestimmungen” ist geregelt, dass die Verordnung nicht für Privathaushalte gilt. Hier ist aber größte Vorsicht geboten, denn diese Regelung wird in Anhang II “Asbest“ zum Teil wieder aufgehoben. Wer also die GefStoffV gleich nach §1 wieder weglegt und mit den Arbeiten loslegt, begibt sich auf dünnes Eis.
Gemäß Anhang II gilt die GefStoffV nämlich auch für Privathaushalte genau dann, wenn es sich um sogenannte ASI Arbeiten handelt, als Abbruch, Sanierung und Instandhaltung, also auch den Abbruch eines Asbestzementdaches im Privathaushalt. Dazu gehört selbstverständlich auch der Schuppen auf dem eigenen Grundstück!
Wenn also die GefStoffV gilt, gilt in diesem Zusammenhang auch die TRGS 519 “Asbest – Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten“. Leser Sie dazu auch das Kapitel “Rechtsvorschriften”
Daraus ergeben sich 2 weitere Fragen, nämlich:
- Brauchen Privatpersonen die in der TRGS 519 geforderte Sachkunde?
- Müssen Privatpersonen die geplanten Arbeiten bei der Behörde anzeigen?
Sachkunde – ja oder nein?
Die Antwort auf diese Fragen ist tatsächlich nicht einfach – daher müssen wir uns zunächst damit beschäftigen, welchen Hintergrund diese Regeln haben.
Die Gefahrstoffverordnung und in diesem Zusammenhang die TRGS 519 dienen in erster Linie dem Arbeitsschutz. Und dabei geht es auch um die Haftung von Arbeitgebern gegenüber ihrer Mitarbeiter. Wem gegenüber sollen aber Privatpersonen haften, wenn sie keine Mitarbeiter haben?
Eine Haftung wird aber immer dann relevant, wenn Dritte durch die eigenen Handlungen gefährdet werden. Und eine Gefährdung Dritter ist dann wahrscheinlich, wenn Asbestfasern durch die Arbeit freigesetzt werden und Dritte dieser Belastung ausgesetzt sind – und zwar zunächst unabhängig von der Menge des freigesetzten Schadstoffes!
Wenn Sie also als Privatperson Arbeiten an Asbest ohne Sachkenntnis durchführen und Dritte gefährden, weil Sie die arbeiten dann ggf. unsachgemäß ausführen, ist dies unsachgemäßer Umgang mit Asbest. Im Fall der GefStoffV ist dies eine Ordnungswidrigkeit!
Hinzu kommt nun noch das Strafrecht: Nämlich die §§ 324 und 325 StGB: “Gewässerverunreinigung”, “Bodenverunreinigung” und “Luftverunreinigung”. Ohne hierbei ins Detail zu gehen und zu klären, ob dies in beachtlichem Umfang geschieht oder nicht oder ob jemand dabei tatsächlich zu Schaden kommt oder nicht, sollten hier die Alarmglocken läuten. Am Ende entscheidet dies ein Richter oder eine Richterin und soweit muss es nicht kommen!
Um also Arbeiten an Asbestzement im privaten Umfeld durchzuführen benötigen Sie Sachkenntnis, um Dritte nicht zu gefährden. Wenn Sie diese Sachkenntnis haben und dies im Zweifel auch nachweisen können, müssen Sie nicht unbedingt die Sachkundeschulung besucht und bestanden haben. Besser wäre das jedoch, denn nur dann können Sie nachweisen, dass Sie nicht unsachgemäß vorgegangen sind und alle Maßnahmen zum Schutz Dritter und der Umwelt getroffen haben.
Anzeige an die Behörde – ja oder nein?
Diese Frage ist durchaus schwieriger zu beantworten:
Hierbei müssen wir uns die Frage stellen, worum es der Behörde (Gewerbeaufsicht) tatsächlich geht. Die Antwort steckt bereits im Begriff “Gewerbeaufsicht”. Sie interessiert sich für Gewerbetreibende. Warum sollte sie sich auch noch um Privathaushalte kümmern?
Auch hier geht es um Arbeitsschutz – und solange Sie “bestenfalls” nur sich selbst gefährden, aber die Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist, tritt auch keine Haftung gegenüber Dritten ein. Allerdings dürfen Sie auch die Umwelt nicht belasten, denn sonst könnten ja über “Umwege” Dritte gefährdet werden.
Zudem fordert die Anzeige an die Behörde Maßnahmen, die Privatpersonen gar nicht erfüllen können wie zum Beispiel:
Unternehmensbezogene Anzeige: Damit zeigt ein Unternehmen an, dass Arbeiten an Asbest ausschließlich durch geschulte Mitarbeiter*innen unter den geforderten Schutzmaßnahmen durchgeführt werden, alle eine arbeitsmedizinische Vorsorge durchgeführt haben, eine Gefährdungsbeurteilung vorliegt, die erforderlichen technischen Schutzmaßnahmen und das dazu nötige Gerät vorhanden und zugelassen ist sowie das Unternehmen auch eine Zulassung erhalten hat.
Objektbezogene Anzeige: Damit zeigt das Unternehmen die geplanten Arbeiten bei der Behörde 7 Tage vor Beginn der Arbeiten an und legt dazu eine Liste der Beschäftigten Mitarbeiter*innen, die Benennung einer verantwortlichen Aufsichtsperson mit der nötigen Sachkunde samt Nachweis, das Schutzkonzept, alle erforderlichen Nachweise, einen Arbeitsplan mit Angaben von Ort, Zeit und Dauer, die erwartete Faserfreisetzung, eine Gefährdungsbeurteilung, etc. vor.
Das kann eine Privatperson gar nicht leisten. Dennoch dürfen Dritte nicht gefährdet werden – und dafür sind auch Privatpersonen verantwortlich und haftbar.
Letztlich hat trotz allem die örtliche Behörde das letzte Wort.
Hypothetisches Fallbeispiel
Angenommen Sie bauen Ihr Asbestzementdach ab und jemand hilft Ihnen dabei. Nun beobachtet der Nachbar die Arbeiten und sieht, dass dies (aus seiner Sicht oder auch mit Sachkenntnis) nicht sachgemäß durchgeführt wird. Er fühlt sich belästigt und sogar durch Faserfreisetzung gefährdet und ruft die Polizei. Wenn dazu noch beobachtet wird, ob dabei Asbestzementplatten zerbrochen sind und kreuz und quer auf dem Boden herumliegen, hat man schlechte Karten.
Dann kommt natürlich die Polizeit vorbei und stellt Fragen. Die Anzeige an die Behörde erfolgt dann durch die Polizei und zwar nicht im Sinne der TRGS 519, sondern im Sinne der Polizei. Dann wird geprüft, ob eine Ordnungswidrigkeit oder sogar ein Straftatbestand vorliegt. Das muss nicht sein!
Besser vorher nachfragen
Daher ist man auf jeden Fall gut beraten, sich vorab zu erkundigen, ob man unter welchen Bedingungen selbst Hand anlegen darf. Fragen kostet nichts und auch bei der Gewerbeaufsicht wird man nicht gleich angebellt. Im Gegenteil: Es kommt gut an, wenn man sich darum kümmert, alles richtig zu machen und Fachleute fragt.
Hallo!
Folgender Fall: Die Mitglieder eines Kleingartenvereins wollen das AZ-Dach ihres Vereinshauses selbst abbauen – ist das erlaubt, wenn theoretisch alle Anforderungen der TRGS umgesetzt werden?
Danke schon mal für die Antworten!
M.D.
Hallo!
Die Vorschriften der Gefahrstoffverordnung sowie der TRGS 519 und aller in diesem Zusammenhang mitgeltender Vorschriften gelten auch für Privatpersonen. Mit allen Konsequenzen.
Das bedeutet, wenn die Abbrucharbeiten nicht sachgerecht durchgeführt oder zuvor mit der Behörde abgestimmt werden, kann dies strafbar sein. Dabei wird Privatpersonen zunächst unterstellt, dass sie aufgrund fehlender Sachkenntnis nicht in der Lage sind, die Arbeiten tatsächlich sachrgerecht durchzuführen.
Kurz: Ich rate dringend davon ab, selbst tätig zu werden.
Gruß,
H.H.
Danke für Ihre Ausführungen. Der Abbau und die möglichen Konsequenzen sind nun klarer.
Sind die Platten abgebaut, müssen Sie fachgerecht gelagert und transportiert werden.
Genügt es, diese dann unbeschädigt in einer Folie auf einer Palette zu stapeln und dann zu verschließen?
Anschließend mit einem Hänger zu einer Deponie zu fahren?
Hallo J. Eel
Sie müssen die Platten luftdicht verpacken.