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Asbestzementdach selbst abbauen

Dürfen Privatpersonen ein Dach aus Asbestzement selbst abbauen?

Und wenn ja, muss dies bei der Behörde angezeigt werden? – Ein Blick in die Vorschriften

Der Umgang mit Asbest und Produkten daraus ist streng geregelt und nicht immer ist klar, für wen die Regeln nun genau gelten und für wen nicht.

Dach mit Wellasbestzement gedeckt © Harald Weber unter CC-BY-SA 3.0 Lizenz

Generell gilt zunächst für alle Personen, die Umgang mit Asbest haben oder auch planen: Ein Blick in die Rechtsvorschriften schadet nicht!
Eine der wichtigsten Verordnungen in diesem Zusammenhang ist die Gefahrstoffverordnung GefStoffV. Unter §1 “Begriffsbestimmungen” ist geregelt, dass die Verordnung nicht für Privathaushalte gilt. Hier ist aber größte Vorsicht geboten, denn diese Regelung wird in Anhang II “Asbest zum Teil wieder aufgehoben. Wer also die GefStoffV gleich nach §1 wieder weglegt und mit den Arbeiten loslegt, begibt sich auf dünnes Eis.

Gemäß Anhang II gilt die GefStoffV nämlich auch für Privathaushalte genau dann, wenn es sich um sogenannte ASI Arbeiten handelt, als Abbruch, Sanierung und Instandhaltung, also auch den Abbruch eines Asbestzementdaches im Privathaushalt. Dazu gehört selbstverständlich auch der Schuppen auf dem eigenen Grundstück!

Wenn also die GefStoffV gilt, gilt in diesem Zusammenhang auch die TRGS 519 “Asbest – Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten“. Leser Sie dazu auch das Kapitel “Rechtsvorschriften”

Daraus ergeben sich 2 weitere Fragen, nämlich:

  1. Brauchen Privatpersonen die in der TRGS 519 geforderte Sachkunde?
  2. Müssen Privatpersonen die geplanten Arbeiten bei der Behörde anzeigen?

Sachkunde – ja oder nein?

Die Antwort auf diese Fragen ist tatsächlich nicht einfach – daher müssen wir uns zunächst damit beschäftigen, welchen Hintergrund diese Regeln haben.

Die Gefahrstoffverordnung und in diesem Zusammenhang die TRGS 519 dienen in erster Linie dem Arbeitsschutz. Und dabei geht es auch um die Haftung von Arbeitgebern gegenüber ihrer Mitarbeiter. Wem gegenüber sollen aber Privatpersonen haften, wenn sie keine Mitarbeiter haben?

Eine Haftung wird aber immer dann relevant, wenn Dritte durch die eigenen Handlungen gefährdet werden. Und eine Gefährdung Dritter ist dann wahrscheinlich, wenn Asbestfasern durch die Arbeit freigesetzt werden und Dritte dieser Belastung ausgesetzt sind – und zwar zunächst unabhängig von der Menge des freigesetzten Schadstoffes!

Wenn Sie also als Privatperson Arbeiten an Asbest ohne Sachkenntnis durchführen und Dritte gefährden,  weil Sie die arbeiten dann ggf. unsachgemäß ausführen, ist dies unsachgemäßer Umgang mit Asbest. Im Fall der GefStoffV ist dies eine Ordnungswidrigkeit!

Hinzu kommt nun noch das Strafrecht: Nämlich die §§ 324 und 325 StGB: “Gewässerverunreinigung”, “Bodenverunreinigung” und “Luftverunreinigung”. Ohne hierbei ins Detail zu gehen und zu klären, ob dies in beachtlichem Umfang geschieht oder nicht oder ob jemand dabei tatsächlich zu Schaden kommt oder nicht, sollten hier die Alarmglocken läuten. Am Ende entscheidet dies ein Richter oder eine Richterin und soweit muss es nicht kommen!

Um also Arbeiten an Asbestzement im privaten Umfeld durchzuführen benötigen Sie Sachkenntnis, um Dritte nicht zu gefährden. Wenn Sie diese Sachkenntnis haben und dies im Zweifel auch nachweisen können, müssen Sie nicht unbedingt die Sachkundeschulung besucht und bestanden haben. Besser wäre das jedoch, denn nur dann können Sie nachweisen, dass Sie nicht unsachgemäß vorgegangen sind und alle Maßnahmen zum Schutz Dritter und der Umwelt getroffen haben.

Anzeige an die Behörde – ja oder nein?

Diese Frage ist durchaus schwieriger zu beantworten:

Hierbei müssen wir uns die Frage stellen, worum es der Behörde (Gewerbeaufsicht) tatsächlich geht. Die Antwort steckt bereits im Begriff “Gewerbeaufsicht”. Sie interessiert sich für Gewerbetreibende. Warum sollte sie sich auch noch um Privathaushalte kümmern?

Auch hier geht es um Arbeitsschutz – und solange Sie “bestenfalls” nur sich selbst gefährden, aber die Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist, tritt auch keine Haftung gegenüber Dritten ein. Allerdings dürfen Sie auch die Umwelt nicht belasten, denn sonst könnten ja über “Umwege” Dritte gefährdet werden.

Zudem fordert die Anzeige an die Behörde Maßnahmen, die Privatpersonen gar nicht erfüllen können wie zum Beispiel:

Unternehmensbezogene Anzeige: Damit zeigt ein Unternehmen an, dass Arbeiten an Asbest ausschließlich durch geschulte Mitarbeiter*innen unter den geforderten Schutzmaßnahmen durchgeführt werden, alle eine arbeitsmedizinische Vorsorge durchgeführt haben, eine Gefährdungsbeurteilung vorliegt, die erforderlichen technischen Schutzmaßnahmen und das dazu nötige Gerät vorhanden und zugelassen ist sowie das Unternehmen auch eine Zulassung erhalten hat.

Objektbezogene Anzeige: Damit zeigt das Unternehmen die geplanten Arbeiten bei der Behörde 7 Tage vor Beginn der Arbeiten an und legt dazu eine Liste der Beschäftigten Mitarbeiter*innen, die Benennung einer verantwortlichen Aufsichtsperson mit der nötigen Sachkunde samt Nachweis, das Schutzkonzept, alle erforderlichen Nachweise, einen Arbeitsplan mit Angaben von Ort, Zeit und Dauer, die erwartete Faserfreisetzung, eine Gefährdungsbeurteilung, etc. vor.

Das kann eine Privatperson gar nicht leisten. Dennoch dürfen Dritte nicht gefährdet werden – und dafür sind auch Privatpersonen verantwortlich und haftbar.

Letztlich hat trotz allem die örtliche Behörde das letzte Wort.

Hypothetisches Fallbeispiel

Angenommen Sie bauen Ihr Asbestzementdach ab und jemand hilft Ihnen dabei. Nun beobachtet der Nachbar die Arbeiten und sieht, dass dies (aus seiner Sicht oder auch mit Sachkenntnis) nicht sachgemäß durchgeführt wird. Er fühlt sich belästigt und sogar durch Faserfreisetzung gefährdet und ruft die Polizei. Wenn dazu noch beobachtet wird, ob dabei Asbestzementplatten zerbrochen sind und kreuz und quer auf dem Boden herumliegen, hat man schlechte Karten.

Asbestzement im Wald entsorgt

Zerbrochene Asbestzemetplatten im Wald zu entsorgen ist eine Straftat! © Heiko Hofmann

Dann kommt natürlich die Polizeit vorbei und stellt Fragen. Die Anzeige an die Behörde erfolgt dann durch die Polizei und zwar nicht im Sinne der TRGS 519, sondern im Sinne der Polizei. Dann wird geprüft, ob eine Ordnungswidrigkeit oder sogar ein Straftatbestand vorliegt. Das muss nicht sein!

Besser vorher nachfragen

Daher ist man auf jeden Fall gut beraten, sich vorab zu erkundigen, ob man unter welchen Bedingungen selbst Hand anlegen darf. Fragen kostet nichts und auch bei der Gewerbeaufsicht wird man nicht gleich angebellt. Im Gegenteil: Es kommt gut an, wenn man sich darum kümmert, alles richtig zu machen und Fachleute fragt.

 

Das 60er Jahre Haus – Außenfassade

Außenfassade

Außenfassade:

  1. Asbesthaltiger Fensterkitt
  2. Abwasserrohre aus Asbestzement
  3. Blumenkästen aus Asbestzement
  4. Wandverkleidung aus Asbestzement (Eternit)
Außenfassade
Asbesthaltiger Fensterkitt Abwasserrohr aus Asbestzement Blumenkästen aus Asbestzement Außenverkleidung aus Eternit Fensterbank aus Asbestzement

Asbesthaltiger Fensterkitt

Der Kitt alter Fenster enhält oft Asbest. Wenn der Kitt austrocknet und mit den Jahren spöde wird, kann entlang der Bruchkanten Asbest frei werden. Diese Form gilt allerdings als fest gebunden. Asbest wird nicht frei, solange man den Kitt nicht selbst herauskratzt oder bricht. Problematisch ist dies, insbesondere weil Asbest hier nicht ohne Analyse erkannt werden kann

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Abwasserrohr aus Asbestzement

Wasserrohr aus Asbestzement © Ural66 Lizenz CC0 gemeinfrei

Wasserrohre aus Asbestzement waren sehr beliebt. Zum Glück sind sie wie andere Produkte aus Asbestzement sehr leicht erkennbar, weil sie meistens nicht überstrichen oder überdeckt sind.

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Blumenkästen aus Asbestzement

Aschenbecher aus Asbestzement © Heiko Hofmann

Formteile aus Asbestzement:

In den 60er und 70er Jahren wurden viele nützliche Gebrauchsgegenstände aus Asbestzement hergestellt. Sie waren leicht formbar, relativ dünn, leicht und dennoch sehr stabil. Gerade bei den größeren Standaschenbechern, die man noch aus den Freibädern der 70er und 80er Jahren kennt, war die Hitzbeständigkeit sehr nützlich. Asbestzementprodukte sind sehr leicht erkennbar.

Weitere typische Beispiele sind neben den Blumenkästen auch Wasserohre aus Asbestzement.

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Aschenbecher aus Asbestzement waren (und sind heute noch) keine Seltenheit. Vor allem im öffentlichen Bereich wie Schwimmbäder, Behördengebäude, usw. waren diese großen Stand-Aschenbecher für die Raucherpause sehr beliebt. Oft war antelle des Gitters Quarzsand zum Löschen der Kippen eingefüllt. Heute findet man gelegentlich noch diese Überbleibsel in der Raucherecke von privaten Firmen. Wenn Ihnen ein solcher Aschenbecher in der eigenen Firma bekannt ist, sprechen Sie Ihren Vorgesetzten darauf an. Sie sind zwar nicht verboten (solange sie intakt sind - wegen des Bestandsschutzes), aber man muss sie ja nicht ewig behalten. Eine Faserfreisetzung ist durch die Benutzung bei Kontakt nicht ausgeschlossen.

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Außenverkleidung aus Eternit

Hausverkleidung mit Eternitplatten © Heiko Hofmann CC-BY-SA 4.0 Lizenz

Hausverkleidungen und Dächer wurden häufig aus Asbestzement hergestellt. Bekannt sind Eternit und Fulgurit. Der Asbest gilt zwar als fest gebunden, jedoch kann der Abtrag der Oberfläche durch Reinigung, Schleifen, Sägen, Schneiden oder Brechen signifikante Mengen Asbestfasern freisetzen. Die Bearbeitung dieser Asbestzementplatten ist nur im Rahmen von ASI Arbeiten erlaubt und erfordert hohe Sicherheitsmaßnahmen. Verboten sind alle Arbeiten, die zum Abtrag der Oberfläche führen. Auch die Montage von Photovoltaikanlagen auf diesen Dächern ist verboten. Produkte aus Asbestzement sind sehr leicht zu erkennen.

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Fensterbank aus Asbestzement

Fensterbank aus Asbestzement © Heiko Hofmann

Fensterbänke aus Asbestzement sind in Altbauwohnungen keine Seltenheit. Oft sind sie an der Oberfläche versiegelt. Durch die lange Abnutzung kann es allerdings insbesondere an den Kanten zu abstehenden Asbestfasern kommen, die dann bei mechanischer Beanspruchung nach und nach freigesetzt werden.

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Fast 3000 Jahre – Eine lange Karriere

Asbest hat eine knapp 3000-jährige Geschichte hinter sich, die längste Zeit davon sogar ziemlich erfolgreich. Viele Jahrzehnte galt Asbest als Wunderstoff wegen seiner vielfältigen und durchaus nützlichen und hochgelobten Eigenschaften. Asbest ist:

  • feuerfest,
  • ein ausgezeichnetes Hitzeschild,
  • beständig gegen viele Chemikalien,
  • leicht zu verarbeiten (unter anderem zu Textilien)
  • nahezu unbegrenzt verfügbar und
  • kostengünstig.

Wussten Sie, dass…

Asbestos alt-griechisch ist und  soviel wie unvergänglich bedeutet? Das griechische Wort für Asbest ist hingegen Amiantos. Im Neu-Griechischen bedeutet Asbestos allerdings schlicht Kalkstein oder auch “gebrannter Kalk”, was geologisch etwas irreführend ist.

Seit Anfang des 20. Jahrhunderts kennt man bereits die tödlichen Gefahren wie Asbestose, Lungenkrebs, Kehlkopfkrebs, Mesotheliom (Rippenfellkarzinom). Letzteres wird nahezu ausschließlich durch Asbest ausgelöst und verläuft in über 90 % der Fälle tödlich.

1943 wurde (mitten im 2. Weltkrieg) Lungenkrebs infolge Asbestexposition als Berufskrankheit anerkannt. Angesichts der “Begleitumstände” fast schon zynisch. Dennoch hat es bis 2005 gedauert, bis die Herstellung und Verwendung von Asbest in Europa verboten wurde. Quebec, Kanada, einer der weltweit größten Produzenten des Rohstoffes, hat die Förderung und den Export von Asbest erst 2012 verboten.

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ca. 1000 bis ca. 200 vor Christus
ab 1820
1878
1879
1881
1900
1912
1920
1929
1939
1942
1943
1965
1969
1970
1971
1973
1979
1989
1990
1993
1999
2005
2008
2012
2018
2020

ca. 1000 bis ca. 200 vor Christus

Älteste bekannte Erwähnungen

Es ist bekannt, dass bereits die alten Römer und die alten Griechen Erfahrung mit Asbest hatten. Sie waren sogar bereits in der Lage und hatten das Wissen und das Geschick, Asbestfasern zu Gewebe zu verarbeiten, um daraus Leichentücher, Tischtücher und Taschentücher herzustellen, die im Feuer gereinigt werden konnten. Die Herstellung war jedoch so aufwändig, dass die Gewebe sehr kostbar waren und sich nur besonders wohlhabende Personen solchen Luxus leisten konnten.

Sotakos

Theophrastus © CC0 – Wikipedia

beschreibt sehr ausführlich “immerwährende Dochte, die in einer Flamme nie vergehen und deren Licht besonders hell leuchtet”. Er berichtet von Tüchern aus Zypern und Karystos, die, wenn sie verschmutzt sind, nicht mit Wasser, sondern über Feuer gehalten werden und der Schmutz verbrennt, die Tücher aber nachher noch strahlender sind als zuvor.

Theophrastos

erwähnt Asbest in einem Buch über Steine (“de lapidibus“) von Theophrastos von Eresos.

Plinius der Ältere

berichtet ebenfalls von Leichentüchern und Tischtüchern aus Asbest, die durch Feuer gereinigt werden konnten.

 

ab 1820

Illustration aus Antonio Vanossi “Der Mann im Asbest – Das Gewand aus Steinflachs (1831) © Kein Urheberrechtsschutz

Herstellung feuerfester Kleidung für Feuerwehrleute und Wärmedämmungen für Dampfmaschinen.

1831

veröffentlicht Antonio Vanossi seine Abhandlung über Experimente mit feuerfester Kleidung aus Asbest:

“Das Gewand aus Steinflachs”

1878

Label eines Anschwemmfilters zur Filterung von Trübstoffen aus Wein der Firma Seitz © Hr. Kreckel, Wallhausen

Gründung der Firma Seitz in Bad Kreuznach. Herstellung von Asbestanschwemmfiltern (Zylinderfilter) für Filterung von Trübstoffen aus Wein ab 1892.

Seitz fand heraus, dass herkömmliche Filter nicht den gewünschten Effekt brachten und den Wein dauerhaft klar machten. Ohne eine wirkliche Idee zu haben, ob und warum Asbest in der Lage sein sollte, den gewünschten Effekt zu bringen, mischte er dennoch Asbest in den Wein und filterte diese Suspension durch die vorhandenen Filter wieder ab. Das Resultat war (mehr oder weniger unerwartet) eine dauerhaft glasklare Flüssigkeit ohne Geschmacksverlust oder veränderten Geschmack. Der perfekte Weinfilter war entdeckt.

Ein sehr interessanter Artikel über die Firma und ihre “Erfindung” finden Sie hier.

https://competence.khs.com/022018-die-khs-historie/reinen-wein-eingeschenkt/

1879

Jeffery mine in 1944, Asbestos, Quebec, Canada © Bryn Pinzgauer, CC-BY-2.0

Eröffnung einer der größten Asbestminen der Welt im Ort Asbestos, Quebec, Kanada. Die Jeffrey Mine wurde bis 2011 betrieben.

1881

Historische Aktie der Frankfurter Asbestwerke AG © mit freundlicher Genehmigung durch V. Malik, Scriposale.de

Gründung der Frankfurter Asbestwerke AG. Das erste Asbestwerk in Frankfurt am Main diente dazu, importierten Asbestrohstoff industriell zu verarbeiten. Zu den Produkten gehörten bereits damals Asbestwaren als Platten, Gespinste, Gewebe etc. Der Rohstoff wurde aus Russland und China importiert.

1900

  • Ludwig Hatschek um 1900 © CC0 Wikipedia

    Der Österreicher Ludwig Hatscheck erhält als Besitzer einer Asbestzementfabrik das Patent für Eternit.

  • Asbestose wird erstmals als Krankheit beschrieben.

1912

Gründung der Fulgurit-Werke Luthe. Herstellung von Asbestzementplatten und Rohren, die “durch Blitze nicht beschädigt werden können”.

Eine der größten Fabriken für Asbestzementprodukte in Deutschland hinterließ auch nach deren Schließung im Jahr 2003 eine riesige Halde mit rund 170.000 Tonnen hochkontaminierten Asbest-Altlasten, deren Entsorgung bis heute ungeklärt ist.

Asbest – Wunstorfs gefährliches Erbe

1920

“The operator, Clémence Gagnon, watches a machine carding asbestos fibre, Johns Manville factory, Asbestos, Que., 1944 / L’opératrice, Clémence Gagnon, observe la machine à carder les fibres d’amiante, usine Johns Manville, Asbestos, Qc, 1944” by BiblioArchives / LibraryArchives is licensed under CC BY 2.0

In Deutschland bestehen bereits 59 Asbestwerke zur Aufbereitung von Asbestrohstoff.

Die Arbeiter*innen waren täglich viele Stunden ohne jeden Schutz dem Rohmaterial ausgesetzt und haben Milliarden von Fasern eingeatmet.

1929

  • Gründung der Deutsche Asbestzement AG (DAZAG) in Berlin.
  • Ludwig Hatscheck, der Gründer der Eternitwerke, beteiligte sich anfangs mit 10%.

1939

    Spritzasbest in Rolladenkasten © Bild von SC+P Sieber Cassina und Partner auf polludoc.ch unter CC-BY-SA 4.0 Lizenz

  • Im 2. Weltkrieg wurden Postsäcke, Zahnpasta, Getränkefilter, etc. aus Asbest hergestellt.
  • Spritzasbest wurde zum Brandschutz tragender Bauteile eingesetzt.
  • In dem amerikanischen Spielfilm “The Wizard of Oz (Der Zauberer von OZ)” mit Judy Garland wurde Chrysotilasbest als “falscher Schnee” (engl. “Fake snow”) eingesetzt. Die Schauspieler atmeten hohe Konzentrationen ein.

1942

In einem beeindruckenden Werbefilm wird die Entstehung von Asbest, dessen “wunderbare” Eigenschaften und die Herstellung von feuerfester Kleidung demonstriert.

Die Asbestproduktion nimmt rasant Fahrt auf.

Aus dem Youtube-Archiv von British Pathé (©)

1943

Lungenkarzinom durch Asbestfaser © Ospedale S. Polo – Monfalcone (IT) – CC-BY-SA 3.0

Lungenkrebs infolge von Asbestbelastung wurde erstmals als Berufskrankheit anerkannt.

1965

Asbest (Chrysotil) Rohmaterial

Import von Asbest erreicht mit 170000 t pro Jahr seinen Höhepunkt. Zwischen 1950 und 1990 wurden rund 4,35 Mio Tonnen allein nach Westdeutschland als Rohstoff eingeführt.

1969

Spritzasbest unter Betondecke © Bild auf polludoc.ch unter CC-BY-SA 4.0 Lizenz

Aufgrund der zunehmenden Zahl von Erkrankungen und dem Rückgang des Verbrauchs wird in der DDR Spritzasbest verboten.

1970

Wasserrohr aus Asbestzement © Ural66 Lizenz CC0 gemeinfrei

In Deutschland wird Asbest offiziell als krebserzeugend eingestuft. Bis Ende der 60-er Jahre wurden in Westdeutschland rund 30000 km Trinkwasserrohre aus Asbestzement verlegt.

1971

Asbest im Babypuder

Im Babypuder des Herstellers Johnson & Johnson wird durch interne Kontrollen immer wieder Asbest nachgewiesen (zuletzt im Jahr 2000), aber nie an die Behörden gemeldet.

1973

Bis 1976 Errichtung des Palastes der Republik in Ost-Berlin.

ADN-ZB/Junge-24.4.86 Berlin: Der Palast der Republik an der Spreeseite des Marx-Engels-Platzes gehört zu den imposanten Wahrzeichen des Berliner Stadtzentrums. Das von namhaften Architekten der DDR entworfene, 180 Meter lange und 85 Meter breite Gebäude wurde am 25. April 1976 nach 32-monatiger Bauzeit übergeben. Im Palast der Republik finden alle fünf Jahre die Parteitage der SED statt. Die Volkskammer der DDR hat im Palast ihren Sitz. Seit seiner Eröffnung bietet das Haus am Marx-Engels-Platz vielfältige Möglichkeiten der Geselligkeit, der Kultur und Bildung. Es beherbergt das “Theater im Palast” (Tip), zeitgenössische Malerei der DDR, einen Jugendtreff, ein Bowlingzentrum und mehrere Gaststätten.

1979

Steve Mc Queen © Ryangrigg Wikipedia CC0

  • Verbot von Spritzasbest in Westdeutschland.

  • Asbest ist bisher in über 3000 Produkten enthalten.

  • Der amerikanische Schauspieler Steve McQueen erkrankt an Bauchfellkrebs (Mesotheliom). Er war starker Raucher und während seiner Dienstzeit bei der US Marine lange Zeit Asbest auf Schiffen ausgesetzt. Er starb ein Jahr später.

1989

Wasserrohr aus Asbestzement © Ural66 Lizenz CC0 gemeinfrei

Amerikanische und Kanadische Wissenschaftler stellen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Asbest im Trinkwasser und Krebserkrankungen verschiedener Organe her. Trotz dieser Erkenntnisse streiten die Bundesregierung, die Gesundheitsämter und der Verband der Faserzementindustrie jegliche Gesundheitsgefahren durch Asbest im Trinkwasser ab.

Spiegel-Artikel vom 27.02.1989
Blanker BlödsinnDas Umweltgift Asbest belastet auch das Trinkwasser. Das Gesundheitsministerium verharmlost die Gefahren.

 

1990

Generelles Verbot der Herstellung und Verwendung von Asbest in der Schweiz und Österreich. Der Schweizer Lobbyverein Arbeitskreis Asbest hatte das Verbot bzw. die Klassifizierung als Gift entgegen aller medizinischen Erkenntnisse um mehr als 9 Jahre  verzögert.

Bis Ende der 1970-er Jahre waren die Gesundheitsrisiken von Asbest fast nur unter Fachleuten ein Thema. Die Asbestlobby der Industrie sorgte dafür, dass die Gefahren lange unter dem Deckel gehalten wurden. Der «Arbeitskreis Asbest» der Zementindustrie engagierte sich mit Erfolg für die Verzögerung der Giftklassifizierung von Asbest in der Schweiz.

Auszug aus:

Asbest: Seit 30 Jahren verboten, nach wie vor aktuell– Rück- und Ausblick aus gewerkschaftlicher Sicht. Vasco Pedrina, Dario Mordasini, Christine Michel

1993

Verbot der Herstellung und Verwendung von Asbest in Deutschland.

Genauer gesagt setzt die Bundesregierung mit dem Gesetz zu dem Übereinkommen Nr. 162 der Internationalen Arbeitsorganisation vom 24. Juni 1986 über Sicherheit bei der Verwendung von Asbest vom 12.01.1993 das Genfer Übereinkommen der Arbeitsorganisation Sicherheit bei der Verwendung von Asbest von 1986 um.

1999

Logo der Europäischen Kommission © CC0 gemeinfrei

Die Europäische Kommission verbietet Weißasbest (weitestgehend). Die Mitgliedsstaaten haben aber noch bis 2005 Zeit, die Richtlinie umzusetzen.

Pressemitteilung der EU Kommission vom 27.07.1999

2005

Logo der Europäischen Kommission © CC0 gemeinfrei

Ein EU-weites Verbot der Herstellung und Verwendung von asbesthaltigen Produkten tritt in Kraft. Das generelle Verbot aller 5 Amphibol-Asbestarten und die Einschränkung der Verwendung von Chrysotil-Asbest war bereits 1999 von der EU-Kommission beschlossen worden, erlaubte aber eine Frist bis 2005 für die Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten.

2008

Logo der Rotterdam Convention Quelle Wikipedia

verhinderte Kanada als einzige westliche Industrienation auf der sogenannten Rotterdam-Konvention in Rom strengere Exportregeln für Asbest und eine Verpflichtung der Produzentenländer, ihre Abnehmer im Ausland vorab über die Gesundheitsrisiken zu informieren.

Ukraine, Kasachstan, Kirgisistan und besonders Russland lehnten eine Aufnahme von Asbest in Annex III (Liste der gefährlichen Chemikalien der UN) der Rotterdam Convention mit dem Argument ab, die krebserzeugende Wirkung von Chrysotil sei nicht erwiesen.

2012

Größte Asbestmine der Welt in Asbestos, Kanada © Bryn Pinzgauer CC-BY-SA 2.0

Stillegung der größten Asbestmine der Welt in dem Örtchen Asbestos, Quebec, Kanada.

2018

Talk – Rohstoff für Talkum Puder © Pelex – CC-BY-SA 3.0

Erneuter Vorwurf gegen Johnson & Johnson, seit 1971 von Asbest im Babypuder gewusst und nie Meldung an die zuständigen Behörden gemacht zu haben.

2020

Ural Asbest wirbt mit dem Konterfei Donald Trumps wegen dessen angeblichem Lob für die absolut ungefährlichen Eigenschaften von Ural Asbest.

In Russland, China, Indien und Thailand wird noch immer Asbest in unvorstellbaren Mengen abgebaut und verkauft.

In den USA darf Asbest zwar nicht mehr abgebaut, gewonnen oder importiert werden. Die Verwendung ist allerdings noch immer legal.

Die Russische Firma Ural Asbest, weltweit größter Exporteur von Chrysotilasbest, wirbt mit dem Konterfei Donald Trumps, weil er angeblich die hervorragenden und absolut ungefährlichen Eigenschaften von Ural Asbest gelobt haben soll, um die Beziehungen zwischen Russland und den USA zu verbessern. Dies ist zumindest die Darstellung des CEO von Uralasbest. Fakt ist, nachdem Kanada als Hauptlieferant von Asbest ausgefallen ist, sucht Russland nach neuen Märkten. Und da in den USA zwar die eigene Produktion von Asbest verboten wurde, nicht aber der Import, sind sie ein potentieller Abnehmer. Zweifelhaft ist jedoch, ob Donald Trump tatsächlich Uralsasbest wegen seiner tollen Eigenschaften gelobt hat.

Hier ist der Artikel der New York Times zum Thema

Chrysotil Asbest wurde noch immer nicht in die Liste Annex III der Rotterdam Convention aufgenommen, lediglich für die Aufnahme empfohlen. Dabei ist wichtig, dass diese Liste keineswegs Verbote beinhaltet, sondern lediglich, dass Exporteure die Empfänger vorab über die Gefährlichkeit informieren müssen.