Schlagwort-Archiv: Asbestzement

Grob fahrlässiges Fehlverhalten eines Heizungsbauers

Ein Kunde schilderte mir vor Kurzem den folgenden Fall:

Der Eigentümer (Vermieter) eines Mehrfamilienwohnhauses beauftragte einen Heizungsbauer mit der Erneuerung der Heizungsanlage. Der Auftragnehmer sendete zur Durchführung der Arbeiten seinen Gesellen.

Abwasserrohr und Zuluftschacht für Ölheizung aus Asbestzement. © Heiko Hofmann

Im Heizungsraum musste ein Zuluftkanal aus Asbestzement mit quadratischem Querschnitt (siehe Bild), der die Ölheizung mit Luft versorgt, zurückgebaut werden.

Damit sich der Staub nicht im ganzen Keller und im Treppenhaus verteilt, arbeitete der Geselle im geschlossenen Raum. Selbst die Kellerfenster blieben verschlossen.

Der Geselle flexte den Lüftungskanal ohne PSA, also Maske, Schutzbrille, etc. durch und erzeugte eine extrem hohe Feinstaubmenge, der er selbst schutzlos ausgesetzt war.

Dem Kunden (Mieter) fielen die Arbeiten auf und er fragte nach, ob es sich bei dem Kanal nicht um Asbestzement handelte. Der Geselle wusste nicht, was Asbest ist. Der Kunde nahm im Anschluss eine Probe und lies sie analysieren. Der Befund war positiv: Asbestzement mit über 50% Asbestanteil.

Der Kunde fragte anschließend beim Heizungsbauer nach und dessen Antwort war: Das “könne nicht sein, denn Asbest gab es schließlich nur im Osten” (also den neuen Bundeländern). Selbst der Eigentümer (Auftraggeber) wiegelte ab.

Gesundheitliche und rechtliche Konsequenzen

Abgesehen davon, dass der Heizungsbauer grob fahrlässig gehandelt hat, hat er zusätzlich seinen Gesellen ohne Schutz und ohne dessen Wissen sprichwörtlich in eine Asbesthölle geschickt. Er hat die Gesundheit seines Mitarbeiters massiv gefährdet, ohne diesen vorab über die Gefährdung durch Asbestvorkommen zu informieren. Er hat offensichtlich die Gefahr durch Asbest sogar heruntergespielt, obwohl ihm die Problematik bekannt war. Es gab offenbar weder Sachkunde, noch eine Gefährdungsbeurteilung, geeignete Schutzmaßnahmen noch eine Anzeige an die zuständige Behörde.

Man muss leider davon ausgehen, dass dieses Verhalten ein grundsätzliches Problem des Heizungsbauers ist und nicht zu ersten Mal (und auch nicht zum letzten Mal) vorkam.

Die Faserexposition des Gesellen an nur diesem Tag (innerhalb von wenigen Minuten) war extrem. Auf diese Weise kann innerhalb weniger Arbeitswochen bei gleichen Tätigkeiten schnell ein ganzes Faserjahr zusammenkommen. Die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, ist in diesem Fall für den Mitarbeiter nicht mehr gering.

Falls der Fall weiter verfolgt wird, droht dem Heizungsbauer nicht nur ein Bußgeld im 5 bis 6 stelligen Bereich. Die zuständige Behörde wird darüber hinaus angesichts der Schwere des Falles und der groben Fahrlässigkeit des Heizungsbauers auch die Strafverfolgung prüfen.

Hier wurden sämtliche Regeln des Arbeitsschutzes sowie des Schutzes unbeteilgter Dritter (z.B. der Mieter) verletzt und gegen ein ganze Reihe von Rechtsvorschriften verstoßen. Deshalb geht es rechtlich nicht mehr nur um eine Ordnungswidrigkeit.

Appell an Handwerksbetriebe

Klären Sie vor Aufnahme der Arbeiten unbedingt ab, ob Sie ggf. mit asbesthaltigen Produkten in Kontakt kommen oder diese sogar bearbeiten müssen. Hier gilt der klassische Grundsatz: Nicht wissen schützt nicht vor Strafe.

Falls Sie mit Asbest rechnen müssen, legen Sie nicht ohne Nachweis der Asbestfreiheit los oder nicht ohne die nötige Sachkunde, entsprechende Schutzmaßnahmen und die Einbeziehung der zuständigen Behörde (Objektbezogene- oder Unternehmensbezogene Anzeige). Wenn Sie nicht über Sachkunde verfügen, muss eine Fachfirma hinzugezogen werden.

Die ist keine Kleinigkeit – sowohl rechtlich als auch gesundheitlich. Die Bußgelder und Strafen sind erheblich und können bei nachgewiesenem Fehlverhalten und insbesondere bei Gefährdung von Personen nicht nur die Firma sondern auch Leben ruinieren.

 

Wenn der Dachdecker-Kumpel beim Abriss hilft

Trotz Pandemie gibt es noch andere “Baustellen”, die uns im privaten Umfeld beschäftigen, wie zum Beispiel Asbest.

Viele Privatpersonen sind inzwischen recht gut über die Problematik informiert und sorgen sich um Asbestvorkommen im eigenen Heim. Es ist also nicht überraschend, wenn die mit Asbestzementplatten gedeckte Garage in den Fokus rückt und zumindest zum “gefühlten” Problem wird – obwohl das eventuell gar nicht nötig ist.

Laut REACH Verordnung gibt es nämlich einen gewissen “Bestandsschutz” für asbesthaltige Produkte, wenn diese noch intakt sind und “unangefasst” bleiben.

Wenn einige der Platten jedoch beschädigt sind und sie nicht mehr ihren “ursprünglichen Zweck” erfüllen, also das Dach abdichten, dann muss es entsorgt werden. Denn das Reparieren ist verboten!

Asbestzement-Dach muss weg – Hilfe vom Dachdecker-Kumpel

Dach mit Wellasbestzement gedeckt © Harald Weber unter CC-BY-SA 3.0 Lizenz

Nun ist also guter Rat gefragt und nötigenfalls auch Hilfe – warum nicht vom befreundeten Dachdecker. Da hat man es immerhin mit einem Fachmann zu tun – wenigsten in Sachen Dach decken und abdecken.

Der Dachdecker-Freund sagt also zu und bringt sogar die Schutzausrüstung mit: Schutzanzug, FFP3 Masken.

Der Privatmann und sein Kumpel legen also los und bauen die Asbestzement-Platten ab. Zumindest versuchen sie es, denn die Platten sind nicht nur geschraubt, sondern teilweise auch mit einer bitumenartigen Masse verklebt. Macht aber nix, denn mit etwas “Nachhilfe” in Form eines Hammers lösen sich die Platten. Einige zerbrechen, umso besser.

Was nicht passt, wird passend gemacht

Gerissener Asbest-Big-Bag © Heiko Hofmann CC-BY-SA 4.0 Lizenz

Die gelösten Platten werden vorsichtig nach unten gereicht, wo man feststellt, dass die noch vollständigen, unzerbrochenen Platten nicht in den Asbest-Big-Bag passen. Auch da wird kurzerhand nachgeholfen und die überstehenden Kanten werden mit derselben Methode wie oben auf dem Dach einfach abgeschlagen. Über frei werdende Fasern macht sich zumindest der Dachdecker-Kumpel keine Sorgen, denn der Wind steht günstig und man trägt schließlich FFP3 Masken.

Der Privatmann beginnt, sich dennoch Sorgen zu machen, ob dies alles so richtig ist und ob die beiden nicht doch einer beachtlichen Faserkonzentration ausgesetzt waren.

Erklärungsversuche und Ahnenvergleiche

Der Dachdecker-Kumpel beschwichtigt und zählt nochmals die “günstigen Umstände” auf: Schutzanzug, Maske, Kleidung wird entsorgt, Wind günstig, Big-Bag. Alles gut!

Außerdem hätten sein Vater und sein Großvater früher diese Platten in geschlossenen Räumen mit der Flex zersägt und beide erfreuen sich noch heute bester Gesundheit. Sagt der Fachmann!

Alles gut??? Mitnichten!

Grob fahrlässig und eventuell strafbar

Sehen wir uns die Sache nochmal im Detail und unter den geltenden Rechtsvorschriften an:

Die Gefahrstoffverordnung gilt bei Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen auch für Privatpersonen. Demnach gelten auch die Regelungen der TRGS 519.

Der Rückbau des Daches ist zwar erlaubt, allerdings unter strengen Sicherheitsmaßnahmen, wie zum Beispiel dem Benetzen des Daches mit Faserbindemittel, damit frei werdende Fasern nicht einfach davonfliegen. Die Platten zu zerbrechen oder gar zu zerschlagen, damit sie in den Abfallsack passen, ist verboten!

Der Privatmann bat seinen Freund, ihn zu unterstützen – und zwar nicht nur beim Abbau, sondern auch mit seinem fachkundigen Rat.

Dachdecker mit Sachkenntnis aber ohne Sachkunde

Nun hat der Dachdecker-Kumpel offensichtlich keine Asbest-Sachkunde nach TRGS 519, denn sonst wüsste er zumindest, dass er sich strafbar gemacht hat. Immerhin hat er seinem Freund zwar Schutzausrüstung mitgebracht. Dies hat er allerdings so interpretiert, dass man ja geschützt sei und deshalb nun brachial loslegen könne. Dass er seinen Freund unnötig gefährdet hat und zugleich noch gegen §324 und §325 StGB verstoßen hat, war ihm entweder nicht klar oder schlicht gleichgültig. Hat ja sonst niemand gesehen und verpackt ist das Zeug schließlich auch vorschriftsmäßig.

Sachkenntnis war also durchaus vorhanden, Sachkunde jedoch nicht. Ein alter Rechtsgrundsatz besagt allerdings – und den kennt nun wirklich jeder – “Nichts zu wissen schützt nicht vor Strafe!”

Rechtslage uneindeutig

Klar ist, dass der Umgang mit Asbest unsachgemäß war. Daran besteht kein Zweifel – und das gilt auch für die beiden Privatpersonen.

Unklar hingegen ist: Hat der Dachdecker als Privatperson gehandelt oder als Dachdecker, nämlich im Rahmen seines Berufes und seiner beruflichen Expertise?

Hätte er als Dachdecker beruflich gehandelt, wäre eine Strafanzeige unausweichlich. Er hätte die Sachkunde nach TRGS 519 Anhang 4 A benötigt, hätte eine Zulassung durch die Behörde und hätte die Arbeiten zusammen mit einem Arbeitsplan, Arbeitsmedizinischer Vorsorge und Gefährdungsbeurteilung zuvor bei der Behörde anzeigen müssen.

Aber hat er rein privat gehandelt? Als Kumpel? Das ist schwierig zu beantworten, denn immerhin ist er Dachdecker und kennt sich offensichtlich wenigstens ein bisschen mit der Materie aus. Er hat durch die Bereitstellung der PSA korrekt gehandelt, aber gleichzeitig durch das Zerschlagen der Platten grob fahrlässig gehandelt.

Wie würde ein Richter die Sache betrachten?

Rechtsbruch? © Heiko Hofmann

Müsste also ein Richter entscheiden, würde dieser wohl genau zu diesem Ergebnis kommen: Aufgrund seines Berufes und seiner Erfahrung hätte der Dachdecker wissen können und sogar müssen, dass die Arbeiten so nicht erlaubt sind. Er hat sich und seinen Freund unnötig gefährdet und obendrein noch argumentiert, seine Ahnen seien viel größeren Belastungen ausgesetzt gewesen und nicht krank geworden.

“Was nicht ist, kann ja noch werden”. Die Spätfolgen dieser Belastungen treten häufig erst 40 Jahre nach der Exposition auf. Den Großvater braucht das (zynischerweise) wohl nicht mehr interessieren, den Vater sehr wohl. Und das soll dann ein gutes Beispiel und Vorbild sein? Der Vergleich mit den Vorfahren ist schlicht dumm und zeugt nicht von Verantwortung, sondern signalisiert eher: “Stell Dich nicht so an!”

Wer haftet?

Wenn der Privatmann wieder Erwarten doch irgendwann krank werden sollte, wer haftet dann? Er selbst, weil er sich falschen Rat geholt hat oder der Dachdecker-Kumpel, der fahrlässig gehandelt und falsch beraten hat?

In diesem Fall entscheidet ein Gericht – wenn es denn angerufen wird…

 

Asbestzementdach selbst abbauen

Dürfen Privatpersonen ein Dach aus Asbestzement selbst abbauen?

Und wenn ja, muss dies bei der Behörde angezeigt werden? – Ein Blick in die Vorschriften

Der Umgang mit Asbest und Produkten daraus ist streng geregelt und nicht immer ist klar, für wen die Regeln nun genau gelten und für wen nicht.

Dach mit Wellasbestzement gedeckt © Harald Weber unter CC-BY-SA 3.0 Lizenz

Generell gilt zunächst für alle Personen, die Umgang mit Asbest haben oder auch planen: Ein Blick in die Rechtsvorschriften schadet nicht!
Eine der wichtigsten Verordnungen in diesem Zusammenhang ist die Gefahrstoffverordnung GefStoffV. Unter §1 “Begriffsbestimmungen” ist geregelt, dass die Verordnung nicht für Privathaushalte gilt. Hier ist aber größte Vorsicht geboten, denn diese Regelung wird in Anhang II “Asbest zum Teil wieder aufgehoben. Wer also die GefStoffV gleich nach §1 wieder weglegt und mit den Arbeiten loslegt, begibt sich auf dünnes Eis.

Gemäß Anhang II gilt die GefStoffV nämlich auch für Privathaushalte genau dann, wenn es sich um sogenannte ASI Arbeiten handelt, als Abbruch, Sanierung und Instandhaltung, also auch den Abbruch eines Asbestzementdaches im Privathaushalt. Dazu gehört selbstverständlich auch der Schuppen auf dem eigenen Grundstück!

Wenn also die GefStoffV gilt, gilt in diesem Zusammenhang auch die TRGS 519 “Asbest – Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten“. Leser Sie dazu auch das Kapitel “Rechtsvorschriften”

Daraus ergeben sich 2 weitere Fragen, nämlich:

  1. Brauchen Privatpersonen die in der TRGS 519 geforderte Sachkunde?
  2. Müssen Privatpersonen die geplanten Arbeiten bei der Behörde anzeigen?

Sachkunde – ja oder nein?

Die Antwort auf diese Fragen ist tatsächlich nicht einfach – daher müssen wir uns zunächst damit beschäftigen, welchen Hintergrund diese Regeln haben.

Die Gefahrstoffverordnung und in diesem Zusammenhang die TRGS 519 dienen in erster Linie dem Arbeitsschutz. Und dabei geht es auch um die Haftung von Arbeitgebern gegenüber ihrer Mitarbeiter. Wem gegenüber sollen aber Privatpersonen haften, wenn sie keine Mitarbeiter haben?

Eine Haftung wird aber immer dann relevant, wenn Dritte durch die eigenen Handlungen gefährdet werden. Und eine Gefährdung Dritter ist dann wahrscheinlich, wenn Asbestfasern durch die Arbeit freigesetzt werden und Dritte dieser Belastung ausgesetzt sind – und zwar zunächst unabhängig von der Menge des freigesetzten Schadstoffes!

Wenn Sie also als Privatperson Arbeiten an Asbest ohne Sachkenntnis durchführen und Dritte gefährden,  weil Sie die arbeiten dann ggf. unsachgemäß ausführen, ist dies unsachgemäßer Umgang mit Asbest. Im Fall der GefStoffV ist dies eine Ordnungswidrigkeit!

Hinzu kommt nun noch das Strafrecht: Nämlich die §§ 324 und 325 StGB: “Gewässerverunreinigung”, “Bodenverunreinigung” und “Luftverunreinigung”. Ohne hierbei ins Detail zu gehen und zu klären, ob dies in beachtlichem Umfang geschieht oder nicht oder ob jemand dabei tatsächlich zu Schaden kommt oder nicht, sollten hier die Alarmglocken läuten. Am Ende entscheidet dies ein Richter oder eine Richterin und soweit muss es nicht kommen!

Um also Arbeiten an Asbestzement im privaten Umfeld durchzuführen benötigen Sie Sachkenntnis, um Dritte nicht zu gefährden. Wenn Sie diese Sachkenntnis haben und dies im Zweifel auch nachweisen können, müssen Sie nicht unbedingt die Sachkundeschulung besucht und bestanden haben. Besser wäre das jedoch, denn nur dann können Sie nachweisen, dass Sie nicht unsachgemäß vorgegangen sind und alle Maßnahmen zum Schutz Dritter und der Umwelt getroffen haben.

Anzeige an die Behörde – ja oder nein?

Diese Frage ist durchaus schwieriger zu beantworten:

Hierbei müssen wir uns die Frage stellen, worum es der Behörde (Gewerbeaufsicht) tatsächlich geht. Die Antwort steckt bereits im Begriff “Gewerbeaufsicht”. Sie interessiert sich für Gewerbetreibende. Warum sollte sie sich auch noch um Privathaushalte kümmern?

Auch hier geht es um Arbeitsschutz – und solange Sie “bestenfalls” nur sich selbst gefährden, aber die Gefährdung Dritter ausgeschlossen ist, tritt auch keine Haftung gegenüber Dritten ein. Allerdings dürfen Sie auch die Umwelt nicht belasten, denn sonst könnten ja über “Umwege” Dritte gefährdet werden.

Zudem fordert die Anzeige an die Behörde Maßnahmen, die Privatpersonen gar nicht erfüllen können wie zum Beispiel:

Unternehmensbezogene Anzeige: Damit zeigt ein Unternehmen an, dass Arbeiten an Asbest ausschließlich durch geschulte Mitarbeiter*innen unter den geforderten Schutzmaßnahmen durchgeführt werden, alle eine arbeitsmedizinische Vorsorge durchgeführt haben, eine Gefährdungsbeurteilung vorliegt, die erforderlichen technischen Schutzmaßnahmen und das dazu nötige Gerät vorhanden und zugelassen ist sowie das Unternehmen auch eine Zulassung erhalten hat.

Objektbezogene Anzeige: Damit zeigt das Unternehmen die geplanten Arbeiten bei der Behörde 7 Tage vor Beginn der Arbeiten an und legt dazu eine Liste der Beschäftigten Mitarbeiter*innen, die Benennung einer verantwortlichen Aufsichtsperson mit der nötigen Sachkunde samt Nachweis, das Schutzkonzept, alle erforderlichen Nachweise, einen Arbeitsplan mit Angaben von Ort, Zeit und Dauer, die erwartete Faserfreisetzung, eine Gefährdungsbeurteilung, etc. vor.

Das kann eine Privatperson gar nicht leisten. Dennoch dürfen Dritte nicht gefährdet werden – und dafür sind auch Privatpersonen verantwortlich und haftbar.

Letztlich hat trotz allem die örtliche Behörde das letzte Wort.

Hypothetisches Fallbeispiel

Angenommen Sie bauen Ihr Asbestzementdach ab und jemand hilft Ihnen dabei. Nun beobachtet der Nachbar die Arbeiten und sieht, dass dies (aus seiner Sicht oder auch mit Sachkenntnis) nicht sachgemäß durchgeführt wird. Er fühlt sich belästigt und sogar durch Faserfreisetzung gefährdet und ruft die Polizei. Wenn dazu noch beobachtet wird, ob dabei Asbestzementplatten zerbrochen sind und kreuz und quer auf dem Boden herumliegen, hat man schlechte Karten.

Asbestzement im Wald entsorgt

Zerbrochene Asbestzemetplatten im Wald zu entsorgen ist eine Straftat! © Heiko Hofmann

Dann kommt natürlich die Polizeit vorbei und stellt Fragen. Die Anzeige an die Behörde erfolgt dann durch die Polizei und zwar nicht im Sinne der TRGS 519, sondern im Sinne der Polizei. Dann wird geprüft, ob eine Ordnungswidrigkeit oder sogar ein Straftatbestand vorliegt. Das muss nicht sein!

Besser vorher nachfragen

Daher ist man auf jeden Fall gut beraten, sich vorab zu erkundigen, ob man unter welchen Bedingungen selbst Hand anlegen darf. Fragen kostet nichts und auch bei der Gewerbeaufsicht wird man nicht gleich angebellt. Im Gegenteil: Es kommt gut an, wenn man sich darum kümmert, alles richtig zu machen und Fachleute fragt.

 

Rechtssicherheit für Privatpersonen

Die meisten Rechtsvorschriften gelten für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

Der Schutz vor Asbest bzw. berufsbedingte Erkrankungen durch Asbest entstammen dem Arbeitsschutz. Arbeitgeber*innen müssen gemäß Arbeitsschutzgesetz ArbSchG dafür sorgen, dass ihren Angestellten keine berufsbedingten Erkrankungen durch den Umgang mit gefährlichen Substanzen oder generell gefährliche Tätigkeiten drohen – auch nach ihrem Berufsleben nicht. Arbeit darf nicht krank machen.

Welche Vorschriften gelten für Privatpersonen?

Da Privatpersonen in der Regel keine Arbeitgeber*innen sind (und deshalb nicht zum Arbeitsschutz verpflichtet sind, solange sie alleine und auf dem eigenen Grundstück tätig werden), niemand wirklich vorschreiben kann (oder zumindest kontrollieren kann), was man im privaten Umfeld alles tut und lässt und der Gesetzgeber darüberhinaus davon ausgeht, dass jeder sehr gut auf sich selbst aufpassen kann, wird weitgehend Abstand davon genommen, das Privatleben auch noch zu reglementieren.

Nun unterstellt allerdings der Gesetzgeber auch, dass sich Privatpersonen in der Regel eher nicht mit Asbest und den damit verbundenen Gesundheitsgefahren im Detail auskennen. Im unsachgemäßen Umgang (von dem pauschal ausgegangen wird, wenn Personen nicht speziell geschult sind) mit Asbest und Produkten, die Asbest enthalten, kann es leicht zur Faserfreisetzung kommen, wodurch diese Personen nicht nur sich selbst gefährden, sondern womöglich auch andere, Unbeteiligte. Dieser unsachgemäße Umgang entsteht sogar bereits dann, wenn Asbest nicht erkannt wird oder von dessen Vorhandensein nichts bekannt ist und man Heimwerkerarbeiten an potentiell asbesthaltigen Produkten durchführt.

Die folgenden Vorschriften gelten (mit Einschränkungen) auch für Privatpersonen:

Gefahrstoffverordnung

Im Zusammenhang mit Asbest greift der Gesetzgeber hier ein: Und zwar in Form der Gefahrstoffverordnung. Die gilt zwar gem. §1 Geltungsbereich nicht für Privathaushalte. Allerdings wird diese “Freigabe” für Privatpersonen in § 11 (7) “Verwendungs- und Tätigkeitsbeschränkungen für Asbest” wieder kassiert. Gleichzeitig wird aber auch das generelle Umgangsverbot mit Asbest aufgehoben: Nämlich durch die Ausnahmen der Abbruch, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten).

Demnach gilt das Verbot des Umgangs und der Herstellung von Asbest und Produkten daraus auch für Privathaushalte.

Privathaushalte dürfen daher explizit ASI Arbeiten in Eigenregie durchführen. ABER: Diese müssen zulässig sein und es gelten sämtliche Schutzmaßnahmen nach TRGS 519 (siehe unten).

Außerdem wird es sehr knifflig, wenn Privatpersonen (freiwillige) Helfer hinzuholen: Dann werden sie nämlich zum Arbeitgeber und sie sind als solcher voll in der Verantwortung und unterliegen sämtlichen Rechtsvorschriften zum Arbeitsschutz!

Und diese Vorschriften können Privatpersonen unmöglich kennen und einhalten.

TRGS 519

Da die Vorschriften aber aufeinander aufbauen, gilt konsequenterweise für diese Arbeiten demnach die TRGS 519 auch für Privatpersonen. Das bedeutet streng genommen, dass Privatpersonen ASI Arbeiten durchführen dürfen, allerdings nur, wenn sie dieselben Voraussetzungen erfüllen, wie Beschäftigte oder Fachbetriebe auch.

Jetzt wird es kompliziert: Da aber grundsätzlich unterstellt werden kann, dass Privatpersonen weder über die erforderliche Sachkunde verfügen noch über das entsprechende Gerät, um die geforderten Schutzmaßnahmen einhalten zu können, kann die TRGS 519 in der Praxis nicht auf Privatpersonen angewendet werden. Außerdem sind Privatpersonen weder für die Teilnahme an Sachkundelehrgängen noch für die Anzeige der Arbeiten an die Aufsichtsbehörde vorgesehen. Die Behörde heißt nicht umsonst “Gewerbeaufsicht” und nicht “Privataufsicht”.

Aber: Auch wenn die Gewerbeaufsicht nicht für Privathaushalte zuständig ist, kann sie doch bei Verstößen gegen die Rechtsvorschriften durch Privatpersonen empfindliche Bußgelder gegen diese verhängen. Und bei Bußgeldern gilt: Diese werden ohne gerichtliches Verfahren verhängt und sind sofort zu entrichten, nicht erst nach einem Urteil in einem Strafverfahren. Sie kennen das vielleicht von Bußgeldern im Straßenverkehr (das “Knöllchen”).

Beauftragen Sie im Zweifel sowohl für die Erkundung, ob mit Asbestprodukten zu rechnen ist oder ob diese tatsächlich da sind als auch für die Arbeiten mit Asbestprodukten, wenn diese nachgewiesen wurden, Fachpersonal. Nur dann sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite!

Vorschriften zur Entsorgung

Wer Asbestprodukte entsorgen will, unabhängig ob Firma oder Privatpersonen, muss die Vorschriften zur Entsorgung einhalten. Diese gelten für alle uneingeschränkt!

Leitlinien für die Asbesterkundung

Deckblatt der Leitline zur Asbesterkundung der BAuA © BAuA: Dortmund

Während für alle gewerbsmäßig arbeitende Unternehmen, die Baumaßnahmen planen bzw. durchführen und mit einer Erkundung von Asbest in Gebäuden konfrontiert werden, zahlreiche Regeln, Verordnungen und Informationsquellen zum sachgerechten Umgang mit Asbest zur Verfügung stehen, werden private Hausbesitzer, Heimwerker und Nutzer (“Laien”) oft mit der Problematik allein gelassen und nicht ausreichend mit Entscheidungs- und Handlungshilfen versorgt.

Deshalb hat die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin BAuA eine Leitlinie ausgearbeitet, die auch für Privatpersonen, Heimwerker, aber auch Mieter und private Auftraggeber angewendet werden kann. Ein Leitfaden mit Entscheidungshilfen, der wertvolle Hinweise zum Umgang und zur Erkundung von Asbest enthält.

Dies ist aber keine Anleitung, um selbst Hand anzulegen, aber eine Hilfestellung, wie man vorgeht, um z.B. den richtigen Experten zu finden und Sie als Privatperson für die Problematik Asbest zu sensibilisieren.

Leitlinie für die Asbesterkundung zur Vorbereitung von Arbeiten in und an älteren Gebäuden

Das 60er Jahre Haus – Außenfassade

Außenfassade

Außenfassade:

  1. Asbesthaltiger Fensterkitt
  2. Abwasserrohre aus Asbestzement
  3. Blumenkästen aus Asbestzement
  4. Wandverkleidung aus Asbestzement (Eternit)
Außenfassade
Asbesthaltiger Fensterkitt Abwasserrohr aus Asbestzement Blumenkästen aus Asbestzement Außenverkleidung aus Eternit Fensterbank aus Asbestzement

Asbesthaltiger Fensterkitt

Der Kitt alter Fenster enhält oft Asbest. Wenn der Kitt austrocknet und mit den Jahren spöde wird, kann entlang der Bruchkanten Asbest frei werden. Diese Form gilt allerdings als fest gebunden. Asbest wird nicht frei, solange man den Kitt nicht selbst herauskratzt oder bricht. Problematisch ist dies, insbesondere weil Asbest hier nicht ohne Analyse erkannt werden kann

Klicken Sie auf den aktuellen Hospot, um diese Information zu schließen oder folgen Sie dem Link
Zurück zur Übersicht

Abwasserrohr aus Asbestzement

Wasserrohr aus Asbestzement © Ural66 Lizenz CC0 gemeinfrei

Wasserrohre aus Asbestzement waren sehr beliebt. Zum Glück sind sie wie andere Produkte aus Asbestzement sehr leicht erkennbar, weil sie meistens nicht überstrichen oder überdeckt sind.

Klicken Sie auf den aktuellen Hospot, um diese Information zu schließen oder folgen Sie dem Link
Zurück zur Übersicht

Blumenkästen aus Asbestzement

Aschenbecher aus Asbestzement © Heiko Hofmann

Formteile aus Asbestzement:

In den 60er und 70er Jahren wurden viele nützliche Gebrauchsgegenstände aus Asbestzement hergestellt. Sie waren leicht formbar, relativ dünn, leicht und dennoch sehr stabil. Gerade bei den größeren Standaschenbechern, die man noch aus den Freibädern der 70er und 80er Jahren kennt, war die Hitzbeständigkeit sehr nützlich. Asbestzementprodukte sind sehr leicht erkennbar.

Weitere typische Beispiele sind neben den Blumenkästen auch Wasserohre aus Asbestzement.

Klicken Sie auf den aktuellen Hospot, um diese Information zu schließen oder folgen Sie dem Link
Zurück zur Übersicht

Aschenbecher aus Asbestzement waren (und sind heute noch) keine Seltenheit. Vor allem im öffentlichen Bereich wie Schwimmbäder, Behördengebäude, usw. waren diese großen Stand-Aschenbecher für die Raucherpause sehr beliebt. Oft war antelle des Gitters Quarzsand zum Löschen der Kippen eingefüllt. Heute findet man gelegentlich noch diese Überbleibsel in der Raucherecke von privaten Firmen. Wenn Ihnen ein solcher Aschenbecher in der eigenen Firma bekannt ist, sprechen Sie Ihren Vorgesetzten darauf an. Sie sind zwar nicht verboten (solange sie intakt sind - wegen des Bestandsschutzes), aber man muss sie ja nicht ewig behalten. Eine Faserfreisetzung ist durch die Benutzung bei Kontakt nicht ausgeschlossen.

Klicken Sie auf den aktuellen Hospot, um diese Information zu schließen oder folgen Sie dem Link
Zurück zur Übersicht

Außenverkleidung aus Eternit

Hausverkleidung mit Eternitplatten © Heiko Hofmann CC-BY-SA 4.0 Lizenz

Hausverkleidungen und Dächer wurden häufig aus Asbestzement hergestellt. Bekannt sind Eternit und Fulgurit. Der Asbest gilt zwar als fest gebunden, jedoch kann der Abtrag der Oberfläche durch Reinigung, Schleifen, Sägen, Schneiden oder Brechen signifikante Mengen Asbestfasern freisetzen. Die Bearbeitung dieser Asbestzementplatten ist nur im Rahmen von ASI Arbeiten erlaubt und erfordert hohe Sicherheitsmaßnahmen. Verboten sind alle Arbeiten, die zum Abtrag der Oberfläche führen. Auch die Montage von Photovoltaikanlagen auf diesen Dächern ist verboten. Produkte aus Asbestzement sind sehr leicht zu erkennen.

Klicken Sie auf den aktuellen Hospot, um diese Information zu schließen oder folgen Sie dem Link
Zurück zur Übersicht

Fensterbank aus Asbestzement

Fensterbank aus Asbestzement © Heiko Hofmann

Fensterbänke aus Asbestzement sind in Altbauwohnungen keine Seltenheit. Oft sind sie an der Oberfläche versiegelt. Durch die lange Abnutzung kann es allerdings insbesondere an den Kanten zu abstehenden Asbestfasern kommen, die dann bei mechanischer Beanspruchung nach und nach freigesetzt werden.

Klicken Sie auf den aktuellen Hospot, um diese Information zu schließen oder folgen Sie dem Link
Zurück zur Übersicht

Asbest erkennen

Allein zwischen 1950 und 1985 wurden in Deutschland rund 4,4 Millionen Tonnen Asbest zu rund 3000 verschiedenen Asbestprodukten verarbeitet und eingebaut. Diese Produkte umgeben uns bis heute – und wir leben (meist ohne dies zu wissen) damit.

Schauen Sie sich 2 beeindruckende historische Videos (OmU) an: Ein Werbefilm aus dem Jahr 1942 und eine Dokumentation über Asbestprodukte und die gesundheitlichen Auswirkungen.

Bevor wir also zu der Frage kommen, wo Asbest überall verwendet oder eingebaut wurde und wie man mit Asbestprodukten umgeht, muss zunächst geklärt werden, ob sich diese Frage für Sie überhaut stellt. Dies hängt natürlich einerseits davon ab, ob in Ihrer Umgebung, sei es am Arbeitsplatz oder privat, Asbestprodukte vorhanden sind und ob Sie privat oder beruflich damit zu tun haben, also unter Umständen einer Belastung durch Asbest ausgesetzt sind.

Um herauszufinden, ob und wo Asbestprodukte eingebaut sind, benötigen wir ein paar Grundkenntnisse und Begriffe.