Ein Kunde schilderte mir vor Kurzem den folgenden Fall:
Der Eigentümer (Vermieter) eines Mehrfamilienwohnhauses beauftragte einen Heizungsbauer mit der Erneuerung der Heizungsanlage. Der Auftragnehmer sendete zur Durchführung der Arbeiten seinen Gesellen.
Im Heizungsraum musste ein Zuluftkanal aus Asbestzement mit quadratischem Querschnitt (siehe Bild), der die Ölheizung mit Luft versorgt, zurückgebaut werden.
Damit sich der Staub nicht im ganzen Keller und im Treppenhaus verteilt, arbeitete der Geselle im geschlossenen Raum. Selbst die Kellerfenster blieben verschlossen.
Der Geselle flexte den Lüftungskanal ohne PSA, also Maske, Schutzbrille, etc. durch und erzeugte eine extrem hohe Feinstaubmenge, der er selbst schutzlos ausgesetzt war.
Dem Kunden (Mieter) fielen die Arbeiten auf und er fragte nach, ob es sich bei dem Kanal nicht um Asbestzement handelte. Der Geselle wusste nicht, was Asbest ist. Der Kunde nahm im Anschluss eine Probe und lies sie analysieren. Der Befund war positiv: Asbestzement mit über 50% Asbestanteil.
Der Kunde fragte anschließend beim Heizungsbauer nach und dessen Antwort war: Das “könne nicht sein, denn Asbest gab es schließlich nur im Osten” (also den neuen Bundeländern). Selbst der Eigentümer (Auftraggeber) wiegelte ab.
Gesundheitliche und rechtliche Konsequenzen
Abgesehen davon, dass der Heizungsbauer grob fahrlässig gehandelt hat, hat er zusätzlich seinen Gesellen ohne Schutz und ohne dessen Wissen sprichwörtlich in eine Asbesthölle geschickt. Er hat die Gesundheit seines Mitarbeiters massiv gefährdet, ohne diesen vorab über die Gefährdung durch Asbestvorkommen zu informieren. Er hat offensichtlich die Gefahr durch Asbest sogar heruntergespielt, obwohl ihm die Problematik bekannt war. Es gab offenbar weder Sachkunde, noch eine Gefährdungsbeurteilung, geeignete Schutzmaßnahmen noch eine Anzeige an die zuständige Behörde.
Man muss leider davon ausgehen, dass dieses Verhalten ein grundsätzliches Problem des Heizungsbauers ist und nicht zu ersten Mal (und auch nicht zum letzten Mal) vorkam.
Die Faserexposition des Gesellen an nur diesem Tag (innerhalb von wenigen Minuten) war extrem. Auf diese Weise kann innerhalb weniger Arbeitswochen bei gleichen Tätigkeiten schnell ein ganzes Faserjahr zusammenkommen. Die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, ist in diesem Fall für den Mitarbeiter nicht mehr gering.
Falls der Fall weiter verfolgt wird, droht dem Heizungsbauer nicht nur ein Bußgeld im 5 bis 6 stelligen Bereich. Die zuständige Behörde wird darüber hinaus angesichts der Schwere des Falles und der groben Fahrlässigkeit des Heizungsbauers auch die Strafverfolgung prüfen.
Hier wurden sämtliche Regeln des Arbeitsschutzes sowie des Schutzes unbeteilgter Dritter (z.B. der Mieter) verletzt und gegen ein ganze Reihe von Rechtsvorschriften verstoßen. Deshalb geht es rechtlich nicht mehr nur um eine Ordnungswidrigkeit.
Appell an Handwerksbetriebe
Klären Sie vor Aufnahme der Arbeiten unbedingt ab, ob Sie ggf. mit asbesthaltigen Produkten in Kontakt kommen oder diese sogar bearbeiten müssen. Hier gilt der klassische Grundsatz: Nicht wissen schützt nicht vor Strafe.
Falls Sie mit Asbest rechnen müssen, legen Sie nicht ohne Nachweis der Asbestfreiheit los oder nicht ohne die nötige Sachkunde, entsprechende Schutzmaßnahmen und die Einbeziehung der zuständigen Behörde (Objektbezogene- oder Unternehmensbezogene Anzeige). Wenn Sie nicht über Sachkunde verfügen, muss eine Fachfirma hinzugezogen werden.
Die ist keine Kleinigkeit – sowohl rechtlich als auch gesundheitlich. Die Bußgelder und Strafen sind erheblich und können bei nachgewiesenem Fehlverhalten und insbesondere bei Gefährdung von Personen nicht nur die Firma sondern auch Leben ruinieren.
Ich kann leider gar nicht glauben, dass ein Heizungsbaugeselle nie zuvor etwas über Asbest gehört hat. In den Berufsschulen war Asbest doch schon in den 90ern Themenpflicht. Ich glaube viel eher, er wollte es einfach nicht wissen und ist ein typischer Berufsrisiko- Resistenter.
Vielleicht hatten Sie Glück und das war in Ihrer Berufsausbildung Thema… Bildung ist ja Ländersache, das muss nicht in jedem Bundesland gleich geregelt gewesen sein. Zukünftig wird dies aber (aus diesem Grund) in die GefSoffV aufgenommen werden, dass Asbest bundeseinheitlich verpflichtendes Thema der handwerklichen Berufsausbildung wird.