Alte Brandschutzklappen enthalten oft Asbest
Brandschutzklappen sind wichtige Einrichtungen, um die Ausbreitung von Bränden zwischen verschiedenen Brandschutzabschnitten über die Lüftungsanlage zu verhindern. Natürlich müssen diese Klappen im Einsatz nicht nur hohe Temperaturen aushalten, sondern auch einwandfrei funktionieren.
Lange Zeit war es daher naheliegend, Brandschutzklappen aus dem feuerfesten Wunderstoff Asbest herzustellen oder wenigstens Teile davon. Bis zum Asbestvebot 1993 wurden daher die meisten Brandschutzklappen mit Klappenblättern und / oder Anschlagdichtungen aus Asbest bzw. asbesthaltig hergestellt.
Auch heute noch sind in den meisten Gebäuden der öffentlichen Hand und in vielen Groß- und Industriegebäuden noch asbesthaltige Brandschutzklappen eingebaut.
Brandschutzauflagen müssen erfüllt werden
Um aktuelle Brandschutzauflagen zu erfüllen, müssen diese Klappen regelmäßig auf ihre Funktionalität geprüft werden. Normalerweise wird dies von der Feuerwehr oder von zertifizierten Brandschutzexperten durchgeführt und dokumentiert.
Allerdings sind auch die zuletzt (bis 1993) eingebauten asbesthaltigen Brandschutzklappen in die Jahre gekommen und können bei der Auslösung während des Tests signifikante Mengen an Asbestfasern freisetzen, die dann über die Lüftungsanlage in die belüfteten Räume verteilt werden. Zumindest im Zuluftstrom. Und dies ist fatal: Nicht nur werden Asbestfasern freigesetzt und an die Arbeitsplätze von Menschen transportiert – es handelt sich auch um einen anzeigepflichtigen Umgang mit Asbest – mit allen Konsequenzen.
Nun sind Brandschutzexperten und -Gutachter oder Feuerwehrleute nicht unbedingt gleichzeitig in Asbest-Sachkunde geschult bzw. zertifiziert. Viele lehnen sogar den Test asbesthaltiger Brandschutzklappen ab wegen der Gefahr der Faserfreisetzung und Kontamination. Derjenige, der die Klappe zum Test auslöst, hat automatisch die Verantwortung für eine potentielle Faserfreisetzung. Da er aber möglicherweise nicht über die Sachkunde im Umgang mit Asbest verfügt, kann er die Freisetzung weder bewerten noch den an die Lüftungsanlage angeschlossenen Bereicht mit entsprechenden Maßnahmen absichern. Zwangsläufig wäre die Sperrung des angeschlossenen Bereichs die Folge. Und zwar solange, bis nachgewiesen wurde, dass entweder keine Kontamination stattgefunden hat oder bis der Bereich gereinigt und freigemessen wurde. Ohne Asbest-Sachkunde (bzw. Asbest Experte) und Analytik geht also nichts.
Worst Case
Auf der anderen Seite müssen die Klappen regelmäßig einmal jährlich geprüft werden, da sie sonst ihre Zulassung verlieren – ganz zu schweigen von den rechtlichen Konsequenzen, falls eine ungeprüfte Klappe im Brandfall versagt und sich ein Brand ausbreitet. Falls dann noch Personen zu Schaden kommen, fragt niemand mehr nach Asbest, schon gar nicht vor Gericht.
Was also tun?
Oder: Wenn man die Wahl hat gegen welche Vorschrift man verstoßen soll, welche soll es denn sein? Welche Vorschrift siegt: Brandschutz oder Schutz vor Asbest? Geht das überhaupt zusammen?
Test einer Brandschutzklappe mit gleichzeitiger Messung der Faserfreisetzung. Kurz nachdem die Klappe fällt, sind davonfliegende Partikel zu erkennen © Heiko Hofmann
Fest steht: Beim Test von alten Brandschutzklappen muss mit einer signifikanten Freisetzung von Asbestfasern gerechnet werden und der Test bedeutet einen Umgang mit Asbest. In der Konseqeunz müssen alle von der TRGS 519 geforderten Schutzmaßnahmen erfüllt werden:
- Schwarzbereich
- Unterdruckhaltung
- Personenschleuse
- Unternehmensbezogene Anzeige bei der Gewerbeaufsicht
- Objektbezogene Anzeige bei der Gewerbeaufsicht
- Brandschutzklappentest durch Asbest-Sachkundigen in Begleitung eines Brandschutzgutachters
- Anschließende Reinigung durch Spezialfirma und
- Freimessung durch Asbest- bzw. Schadstoffgutachter
- Abschlussbericht bzw. Gutachten des Schadstoffgutachters
- Abschlussbericht bzw. Gutachten des Brandschutzgutachters
Die Kosten für den Test nur einer einzigen Klappe gehen somit schnell in einen fünfstelligen Bereich. Nur hat man nicht nur eine Klappe, sondern im Zweifel hunderte! Und diese Kosten fallen jedes Jahr erneut an, denn in diesem Intervall sind die Prüfungen fällig.
Man könnte fast unterstellen, dies sei eine Goldgrube für Gutachter – wäre da nicht auch die tatsächliche Gefährdung durch Asbest.
Ausbau und Entsorgung
Also warum nicht gleich die alten Brandschutzklappen ausbauen und gegen neue, Asbestfreie ersetzen? Dann hätte man den finanziellen und vor allem technischen Aufwand nicht mehr jährlich, sondern nur einmal. Möglicherweise ist der Zustand der in die Jahre gekommenen Klappen eventuell bereits so schlecht, dass sie trotz technischer Funktionalität wegen defekter Asbestdichtungen gar keine Zulassung mehr bekommen würden.
Andererseits ist es in vielen Fällen bautechnisch nicht ohne sehr großen Aufwand möglich, Klappen oder wenigstens Klappenblätter und Dichtungen zu ersetzen. Und dann reicht womöglich das für den Austausch der Klappen nötige Geld dann doch nicht… wie im öffentlichen Sektor.
Asbestrichtlinie der Länder eher kontraproduktiv
Nach Asbestrichtiline (siehe Umgang mit Asbest im Kapitel Rechtslage) müssen asbesthaltige Produkte regelmäßig auf deren Zustand geprüft werden. Daraus ergeben sich sogenannte Dringlichkeitsstufen für die Asbestsanierung.
Nun stuft die Asbestrichtlinie ausgerechnet Brandschutzklappen pauschal in Dringlichkeitsstufe III ein – das bedeutet: Erneute Bewertung gem. Asbestrichtlinie erst wieder in 5 Jahren. Und zwar solange, bis die Nutzungsdauer abgelaufen ist, denn eine andere Dringlichkeitsstufe ist für Brandschutzklappen nicht vorgesehen.
Ironischerweise ist die Asbestrichtlinie von 1996. Selbst die damals neuen Klappen sind heute knapp 25 Jahre alt und die Dichtungen sowie Blätter teilweise porös, brüchig, defekt.
Aktueller Leitfaden
Der Gesamtverband Schadstoffsanierung schlägt nun im Rahmen eines brandaktuellen Leitfadens vor:
- Der Zustand aller asbesthaltiger Brandschutzklappen müsse von Fachleuten geprüft werden.
- Der Zustand wird in 3 Kategorien eingeteilt: Unbeschädigt, leicht beschädigt und stark beschädigt.
- Brandschutzklappen, deren Dichtungen aus sogenanntem Sikaflex (eine Art Asbestschaumstoff) bestehen, dürfen gar nicht erst geprüft werden.
- Generell ist der Austausch gegenüber Prüfung und weiterem Betrieb zu bevorzugen
Die Sache hat nur einige Haken:
- Der Gesamtverband Schadstoffsanierung hat gewisse finanzielle Interessen,
- der Leitfaden ist ein Leitfaden und keine wirkliche Rechtsgrundlage, so vernünftig die Maßnahmen auch sind.
- Beim Brandschutzklappentest müssen 2 Gutachter anwesend sein: Einer mit Asbest-Sachkunde und einer mit Brandschutz-Sachkunde. Oder ein Gutachter, der beide Arten der Sachkunde erworben hat und für genau diese Kombination spezialisiert ist.
- Die Prüfung von Brandschutzklappen nützt also am ehesten den Gutachern, wenn man nach den neuen Leitlinien des Gesamtverbandes vorgehen will.
Dennoch bietet der Leitfaden ein solide Handlungsgrundlage, wie bei einem Test möglichst sicher (und vor allem rechtssicher) vorzugehen ist. Ein Druckmittel, alte Brandschutzklappen endgültig auszutauschen, ist sie hingegen nicht. Sollte der Leitfaden jedoch kurzfristig den Rang des “Standes der Technik” erreichen, werden sich Gutachter und auch Gerichte daran orientieren.
Welche Gefahr ist größer? – Wahrscheinlichkeiten
Rechtlich geklärt ist die Angelegnheit leider noch nicht, aber es gibt Tendenzen in der aktuellen Diskussion:
Ob eine Brandschutzklappe im Brandfall fällt, ist keine Frage der Prüfung. Das bedeutet, alleine die Prüfung zu einem bestimmten Zeitpunkt x sorgt nicht mit absoluter Sicherheit dafür, dass die Klappe zum Zeitpunkt y fällt. Sie sagt nur etwas darüber aus, dass sie zum Prüfzeitpunkt funktioniert hat und der Prüfer / die Prüferin dies dokumentiert hat. Die Klappe ist also ab dem Prüfzeitpunkt bzw. mit Datum der Prüfbescheinigung für ein weiteres Jahr zugelassen.
Anders herum bedeutet die ausgelassene Prüfung nicht, dass die Klappe im Brandfall nicht fällt. Die Gefahr, dass durch eine eventuell im Brandfall (sehr selten bzw. unwahrscheinlich) nicht funktionierende Brandschutzklappe (sehr selten bzw. unwahrscheinlich) Personen schwer zu Schaden kommen (sehr unwahrscheinlich) ist also der Faktor aus dreimal selten bzw. unwahrscheinlich und somit sehr hypothetisch.
Dem gegenüber ist die Gefahr einer Faserfreisetzung durch den Test einer asbesthaltigen Brandschutzklappe sehr konkret und auch messbar. Also sehr wahrscheinlich. Allerdings darf man bei dieser Betrachtungsweise nicht vergessen, dass wiederum das Risiko aufgrund dieser extrem kurzzeitigen Faserfreisetzung bei einer vergleichsweise geringen Anzahl freigesetzter Fasern (und einer noch geringeren Menge schlimmstenfalls eingeatmeter Fasern), an Krebs zu erkranken ebenso gegen Null strebt.
Nullsummenspiel
Die Betrachtung der Wahrscheinlichkeiten ist also praktisch nahezu ein Nullsummenspiel. Trotzdem: Die widersprüchliche Rechtsprechung existiert und muss eingehalten werden, solange keine spezifischeren Lösungen im Angebot sind.
Was tun?
Das bedeutet: Brandschutzklappentest sind Pflicht und auch unter den gegebenen Bedingungen erlaubt. Allerdings nur mit Brandschutzgutachter und Asbest-sachkundiger Person, Anzeige an die Behörde und Sicherungsmaßnahmen nach TRGS 519. Brandschutzklappen nicht zu testen ist hingegen auch keine Lösung.
Falls dies jedoch aus besonderen Gründen nicht möglich ist, etwa weil der finanzielle Schaden durch die Sperrung eines angeschlossenen Bereichs zu groß wäre, muss dies mit der Behörde abgestimmt werden. Die Problematik ist bekannt und ggf. kann mit der aufsichtsführenden Behörde eine individuelle Lösung gefunden werden.