L3 Vorschriften und Regelungen für Tätigkeiten mit Asbest

Vorbemerkung

Asbest ist einer der gefährlichsten Schadstoffe, der über viele Jahrzehnte in der Bauindustrie in vielen tausend Produkten eingebaut wurde und zum Einsatz kam. Heute ist Asbest eine noch immer sehr weit verbreitete Altlast, die uns noch lange beschäftigen wird.

Verbotszeichen “STOP – Kein Zutritt” P006 nach DIN 4844 – Zusatz “Asbestfasern”

Auch wenn Asbest heute verboten ist, so muss zwangsläufig beim Abriss und bei der Sanierung von Gebäuden damit umgegangen werden. Damit dies sicher möglich ist und möglichst keine neuen Erkrankungen zu all den Asbestopfern als Folge der Blütezeit des Materials hinzukommen, gibt es eine sehr strenge Rechtslage und Vorschriften im Umgang mit Asbest.

Diese Regeln sind keine Gängelung, sondern dienen einzig dem Schutz Ihrer und unser aller Gesundheit. Deshalb müssen Sie die Sachkunde erwerben, wenn Sie mit Asbest umgehen wollen oder müssen.

Es ist nicht damit getan, die Sachkundeschulung zu besuchen, die Prüfung zu bestehen und dann aber das Gelernte nicht anzuwenden, weil es vielleicht zu umständlich ist.

Sie sind gut beraten, wenn Sie die Regeln und den sicheren Umgang mit Asbest ernst nehmen! Schon alleine deshalb, weil unsachgemäßer Umgang mit Asbest strafbar ist!

Eins aber steht fest: Alle Vorschriften und Regeln dienen dem Gesundheitsschutz und haben ihren Ursprung im Arbeitsschutz!

Den Durchblick bekommen – und behalten

Die Vorschriften im Zusammenhang mit Asbest sind umfangreich und mitunter recht komplex.

Auch wenn die Summe der Rechtsvorschriften anfangs sehr unübersichtlich und unstrukturiert erscheint, steckt doch eine gewisse Logik dahinter. Ungewohnt und vielleicht nervig sind die vielen Querverweise, die man streng genommen lesen muss, damit sich ein Zusammenhang der Rechtslage ergibt. Das bedeutet aber, dass man praktisch mehrere Vorschriften parallel lesen muss und sich den Text aus lauter einzelnen Absätzen selbst zusammensetzten. Andererseits sind Vorschriften aufeinander aufbauend geschrieben und auch so entstanden. Es ist deshalb nicht nötig und auch unmöglich, alle Details in jeder Vorschrift erneut zu wiederholen, nur damit man nicht querlesen muss.

Daraus können aber auch einige Unklarheiten entstehen: Wenn Vorschrift A geändert oder aktualisiert wird, diese sich zum Teil auf Vorschrift B bezieht und Vorschrift B nicht aktualisiert wird, kann es zu widersprüchlichen Aussagen kommen. Nicht einmal diejenigen, die die Vorschriftentexte ausarbeiten, haben immer alle Verweise im Blick… Dass Privatpersonen und Privathaushalte aus vielen Vorschriften ausgenommen sind, teilweise aber dann wieder einige Paragraphen gelten, macht die Sache nicht leichter…

Im Zweifel hilft es, sich auf die Grundidee aller Vorschriften zu besinnen:

Das Ziel ist es, Asbest loszuwerden und die Menschen vor den Gefahren durch Asbest zu schützen. Deshalb ist man immer gut beraten, nicht herauszufinden, was man im Zweifel alles darf, sondern umgekehrt: Wovon man besser die Finger lässt.

Außerdem kann man sich bei Fragen auch immer an die zuständige Behörde wenden, denn die hat am Ende das letzte Wort. Das wären meistens die Landratsämter bzw. die Gewerbeaufsicht.

Der strukturelle Aufbau der Vorschriften

Es gibt Verordnungen und Richtlinien auf EU Ebene sowie Gesetze, Verordnungen und Richtlinien auf nationaler Ebene. Zusätzlich gibts es dort auch noch Technische Regeln, Normen, Handlungsanleitungen – und alle folgen einer bestimmten Hierarchie:

EU Ebene

  • Bild von Pete Linforth auf Pixabay

    Verordnungen (rechtsverbindlich): Sie gelten, sobald sie vom EU Parlament verabschiedet und veröffentlicht wurden. Z. B. REACH Verordnung, CLP Verordnung.

  • EU-Richtlinien (rechtsverbindlich): Sie gelten zunächst nicht auf nationaler Ebene und müssen in den Mitgliedsstaaten in nationales Recht “umgewandelt” werden. Die EU gibt jedoch den Zeitrahmen dafür vor (sog. EU-Arbeitsschutz-Rahmenrichtlinie: EG-Rahmenrichtlinie 89/391/EWG).

Nationale Ebene

  • Bild von Pete Linforth auf Pixabay

    Gesetze (rechtsverbindlich): Entweder umgesetzte EU Richtlinien oder eigene nationale Gesetze. Sie geben meist nur den Rahmen vor, regeln jedoch eher keine Details. Z.B. Arbeitsschutzgesetz

  • Verordnungen (rechtsverbindlich): Häufig anstelle von Gesetzen und meist detallierter als Gesetze, wenn sie sich auf Gesetze beziehen. Z.B. Chemikalienverbotsverordnung, Gefahrstoffverordnung
  • Richtlinien und Vorschrifen (bedingt rechtsverbindlich): Handlungs- oder Ausführungsvorschrift einer Institution wie z.B. der Unfallkassen. Unfallkassen sind Versicherungsträger der Arbeitgeber und Berufsverbände. Sie bezahlen nicht freiwillig, sondern nur dann, wenn Arbeitgeber die Versicherungsbedingungen eingehalten haben. Deshalb können die Unfallkassen solche Richtlinien vorgeben. Ähnlich verhält es sich mit den staatlichen Aufsichtsbehörden wie Regierungspräsidien, Gewerbeaufsicht. Insofern sind diese Vorschriften und Richtlinien verbindlich. Z.B. DGUV V1 (sog. Unfallverhütungsvorschrift der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung DGUV, Asbestrichtlinie der Länder)
  • Technische Regeln (bedingt rechtsverbindlich): Sie stellen den Stand der Technik dar und regeln die verschiedensten Themenbereiche im Detail. Sie sind rechtsverbindlich, wenn sie in der Rechtsprechung als “aktueller Stand der Technik” herangezogen werden. Herausgegeben werden die Technischen Regeln ebenfalls von Berufsverbänden, Expertengremien und dem Dachverband der Unfallkassen, der DGUV. Z.B. Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS), Arbeitsstättenregeln (ASR)
  • DIN-Normen (Anwendung freiwillig): DIN-Normen werden unter der Leitung des Deutschen Instituts für Normung auf freiwilliger Basis auf Grundlage der Ergebnisse von Wissenschaft, Technik und Erfahrung erarbeitet und enthalten möglichst vereinheitlichte Regeln und Handlungsanleitungen. DIN-Normen sind Empfehlungen und können, müssen aber nicht benutzt werden. Sie bilden in der Regel den sog. Stand der Technik ab. Wenn man davon abweicht, sollte durch einen Sachverständigen geprüft werden, dass die Abweichung ebenfalls Arbeitsschutzvorschriften erfüllt.

Als Faustregel gilt: Die Rechtsverbindlichkeit nimmt von oben nach unten ab, die Detailtreue nimmt hingegen zu.

 

Einführung in das Rechtssystem des Arbeitsschutzes in Deutschland

In Deutschland beruht der Arbeitsschutz rechtlch auf 2 Säulen, einer staatlichen Gesetzgebung und der berufsgenossenschaftlichen Regelwerke. Warum ist das so?

Einerseits muss der Gesetzgeber, also der Bund und die Länder, rechtliche Regeln schaffen, dass der Arbeitsschutz vollumfänglich durch alle Arbeitgeber*innen und Arbeitsnehmer*innen befolgt und angewendet wird. Verstöße dagegen sind unter Umständen – wie bei allen Gesetzesverstößen – strafbar.

Nun sieht das Gesetz vor, dass Arbeitgeber verpflichtend eine Unfallversicherung für Ihre Beschäftigten abschließen müssen. Dies tun sie bei den verschiedenen Unfallversicherungsträgern, also den Unfallkassen der Länder und den Berufsgenossenschaften, den BGs.

Da dies aber Versicherungen sind, sind sie nicht unbedingt daran interessiert, dass jemand bestraft wird, wenn ein Gesetz nicht eingehalten wurde. Das Interesse der Versicherungen ist es, nur dann Versicherungsschutz zu leisten und für eventuelle Unfallfolgen zu bezahlen, wenn die Regeln eingehalten wurden – und zwar nicht die staatlichen Regeln, sondern die eigenen! Das bedeutet salopp gesagt: Die Versicherungen wollen mitbestimmen, wann sie zahlen und wann nicht.

Man nennt dieses System im Arbeitsschutz das duale System.

In der Regel erfolgt dies nun derart, dass der Gesetzgeber nur noch den gesetzlichen Rahmen vorgibt. Einige Ausschüsse (so wie der Ausschuss für Gefahrstoffe) arbeiten einige technische Regeln aus, dies jedoch in enger Zusammenarbeit mit dem Dachverband der Unfallkassen, der DGUV und der staatlichen Bundesagentur für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, der BAuA.

Rechtsverbindlich sind alle! Nur prüft im Zweifel der Staat eine Strafbarkeit und die Unfallkasse prüft die Leistungspflicht. Und jede Institution kommt bei ein und demselben Unfall zu jeweils ihrem eigenen Ergebnis. Wenn es ganz dumm läuft, wird man also doppelt bestraft.

Hinweis zum Regelwerk auf das die TRGS 519 Bezug nimmt

Rechtsbruch? © Heiko Hofmann

Obwohl die TRGS 519 zuletzt am 31.03.2022 aktualisiert wurde, werden im Rahmen der Sachkundeschulung in den Anlagen 3 und 4 der TRGS veraltete Regelwerke bzw. Bezeichungen für die Regelwerke genannt. Trotz Überarbeitung – und das ist leider häufig der Fall – wird machmal leider auf solche “Kleinigkeiten” nicht geachtet (siehe oben).

Dies bezieht sich hauptsächlich auf das Regelwerk der Berufsgenossenschaften, den BGn.  Früher hatten die Regeln die Abkürzung der Art des Vorschriftenwerks im Titel:

  • BGI – Informationen der Berufsgenossenschaften, kurz BG Informationen
  • BGR – BG Regeln
  • BGV – BG Vorschriften

Bis heute wurden viele Vorschriften bzw. deren Bezeichnung unter dem Dachverband der Berufsgenossenschaften, der DGUV (Deutsche Gesetzliche Unfall Versicherung), neu durchnummeriert und die Titel vereinheitlicht. Fast alle tragen heute analog die Bezeichnungen

  • DGUV Vorschriften
  • DGUV Regeln
  • DGUV Informationen und zusätzlich
  • DGUV Grundsätze

Um die neuen Bezeichnungen herauszufinden, muss man recherchieren. Aber Google und co. helfen dabei meist aus. Oder man geht direkt auf die Webseite der DGUV oder der BAuA (Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin).

Bitte machen Sie sich mit diesen Quellen vertraut!

Übersicht über die Rechtsvorschriften, die hier behandelt werden

Beachten Sie bitte, dass dies eine unvollständige Liste ist, weil sich die hier genannten Vorschriften auf weitere, mitgeltende Vorschriften beziehen oder einbeziehen.

Lektion Kursinhalte nach TRGS 519 Anlage 4A 4B 4C 3
L3 Vorschriften und Regelungen für Tätigkeiten mit Asbest und Asbestzement
L3-1 Asbestverbot nach der REACH-Verordnung, Chemikaliensanktionsverordnung
L3-2 Chemikaliengesetz, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Landes-Bauordnung, Wasserhaushaltsgesetz, Abfallgesetz, Gefahrgutrecht (Überblick, Zuordnung zueinander)
L3-3 Gefahrstoffverordnung und dazugehörige TRGS, insbesondere TRGS 519
L3-4 Betriebssicherheitsverordnung
L3-5 Baustellenverordnung
L3-6 Persönliche Schutzausrüstung-BV
L3-7 ArbStättV und dazugehörige ASR
L3-8 ArbmedVV
L3-9 TRGS 910
L3-10 BG-Vorschriften BGV A 1, BGV C 22
L3-11 BG-Regeln BGR A 1, BGR 190, BGR 189, BGR 500
L3-12 BG-Informationen BGI 664, BGI 665, BGI 693
L3-13 Regelungen zu Transport und Entsorgung asbesthaltiger Abfälle
L3-14 §§ 9, 130 Ordnungswidrigkeitengesetz, § 14 Strafgesetzbuch