Wirklich spürbare Erleichterungen sind bei Arbeiten geringer Exposition möglich.
Exposition bedeutet “ausgesetzt sein” und bezieht sich ausschließlich auf die Faserkonzentration. Arbeiten geringen Umfangs bezogen dagegen noch Dauer der Tätigkeit oder Begrenzung der Personenzahl mit ein.
Bei Arbeiten mit geringer Exposition darf die Faserkonzentration 10.000 F/m3 zu keinem Zeitpunkt überschreiten. Dafür gibt es aber auch keine zeitlichen Begrenzungen oder eine begrenzet Anzahl von Personen oder auch sich wiederholende Tätigkeiten.
Die Konzentration von 10.000 F/m3 entspricht der sogenannten Akzeptanzkonzentration und ist so gering, dass sogar weitgehend auf Schutzausrüstung verzichtet werden kann. Das gilt jedoch ausschließlich für die Beschäftigten des Auftragnehmers. Unbeteiligte Dritte dürfen dieser Konzentration nicht ausgesetzt sein. Deshalb muss auch hier der Arbeitsbereich abgetrennt sein, wenn auch nicht unbedingt abgeschottet.
Die TRGS 519 definiert:
2.8 Tätigkeiten mit geringer Exposition
Tätigkeiten mit geringer Exposition sind Arbeiten mit niedrigem Risiko im Sinne der TRGS 910, bei denen die Akzeptanzkonzentration von 10.000 Fasern/m³ unterschritten wird (zur Ermittlung der Asbestfaserkonzentration siehe Nummer 4.3 Absatz 1). Werden solche Tätigkeiten innerhalb von Gebäuden ausgeführt, ist nach Abschluss aller Arbeiten nachzuweisen, dass eine Faserkonzentration von 500 F/m³ und ein oberer Poissonwert von 1000 F/m³ in der Raumluft unterschritten wird (Messung nach VDI 3492).
Der obere Poissonwert ist eine statistische Methode, um Messfehler zu berücksichtigen. Das ist für die Analytik interessant und spielt im Rahmen dieser Sachkunde eine Nebenrolle. Sie müssen lediglich darauf achten, dass dieser Wert im Analysebericht angegeben ist und ggf. diesen Wert nachfordern, sollte er fehlen. Auschlag gebend ist der Wert von 500 F/m3.
Freimessung oder nicht?
Höchst seltsam ist allerdings, dass in Nummer 2.8 ein Nachweis gefordert wird, dass nach Abschluss der Arbeiten diese Konzentration erreicht oder unterschritten wird. Dies kommt einer Freigabemessung gleich, denn der Arbeitsbereich darf erst freigegeben und an die Nutzer übergeben werden, wenn der Nachweis erbracht wurde. Dem gegenüber fordert die TRGS nach Nummer 14.4 (6) eine solche Freimessung nicht. Nummer 14 befasst sich mit Arbeiten geringen Umfangs, bei denen Faserkonzentrationen bis 100.000 F/m3 auftreten können. Bereits in Nummer 14.5 wird jedoch wieder davon gesprochen, dass der Arbeitsbereich erst freigegeben werden darf, wenn durch Messung nachgewiesen wurde, dass die Faserkonzentration unter 500 F/m3 liegt. Nummer 14.5 (2) beginnt mit den Worten “… ist eine Freimessung vorgesehen…”, was den Anschein erweckt, dass es einem selbst überlassen bleibt, ob man eine Messung durchführen will oder nicht…
Dies ist in der Tat sehr verwirrend und nicht leicht verständlich, was die TRGS 519 hier eigentlich will.
Etwas Aufhellung bringt vielleicht, dass nach Abschluss der Arbeiten geringen Umfangs in Innenräumen (mit schwach gebundenen Produkten) ein 30-facher Luftwechsel stattfinden muss während die Beschäftigten noch innerhalb des Arbeitsbereichs sind. Dieser Luftwechsel ist bei Tätigkeiten geringer Exposition nicht gefordert. Das aber würde bedeuten, dass der 30-fache Luftwechsel die Freimessung ersetzen kann… Daran sind Zweifel berechtigt…
Erleichterungen
Belüftung
8.2 Besondere Anforderungen an Lüftungsmaßnahmen, raumlufttechnische Anlagen, Industriestaubsauger und Entstauber
(4) Bei Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien ist eine Rückführung gereinigter Abluft in Arbeitsräume nicht zulässig.
(5) Abweichend von Absatz 4 ist bei folgenden Tätigkeiten eine Rückführung gereinigter Abluft zulässig, wenn die Asbestfasern mit Industriestaubsaugern oder ortsveränderlichen Entstaubern aufgenommen werden, die den Anforderungen der Anlage 7.1 entsprechen:
- Tätigkeiten mit geringer Exposition gemäß Nummer 2.8 in geschlossenen Räumen oder Arbeiten geringen Umfangs nach Nummer 2.10,
- Reinigungsarbeiten.
Demnach muss also auch bei Tätigkeiten geringer Exposition durch technische Maßnahmen dafür gesorgt werden, dass im Arbeitsbereich die Faserkonzetration unter 10.000 F/m3 bleibt, außerhalb des Arbeitsbereichs während der Arbeiten bei maximal 1000 F/m3.
PSA
Zusätzlich zu den Erleichterungen, die bei Arbeiten geringen Umfangs möglich sind, kann bei Tätigkeiten geringer Exposition sogar auf das Tragen von PSA verzichtet werden, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
9.2 Atemschutz
(1) Ab einer Asbestfaserkonzentration von 10.000 F/m³ bis zu einer Asbestfaserkonzentration von 100.000 F/m³ sind als Atemschutzgeräte
- partikelfiltrierende Halbmasken FFP2 für kurzzeitige Tätigkeiten von maximal zwei Stunden pro Schicht,
- Halbmasken mit P2-Filter für länger andauernde Tätigkeiten,
- Maske mit Gebläse und Partikelfilter TM1P
oder höherwertige geeignet und einzusetzen.
9.3 Schutzkleidung
(1) Den Beschäftigten sind geeignete Schutzanzüge zur Verfügung zu stellen und von diesen zu tragen. Geeignet sind Schutzanzüge der Kategorie III, mindestens Typ 5-6 (bei Auftreten von Sprühnebel und Feuchtigkeit mindestens Typ 4).
(2) Ausgenommen von Absatz 1 sind Tätigkeiten, bei denen die Unterschreitung von 10 000 F/m³ nachgewiesen ist und kein Kontakt des asbesthaltigen Materials zur Arbeitskleidung besteht
In Nummer 9.2 (1) steht zwar, dass diese PSA ab einer Konzentration von 10.000 F/m3 getragen werden muss. Dies bedeutet gleichzeitig aber auch, dass dies für Konzentrationen unter 10.000 F/m3 nicht gilt. Dennoch sollte bei Arbeiten mit mineralischen Stäuben immer wenigstens Atemschutz getragen werden, wenn auch nicht unbedingt eine FFP2 Maske.
Anzeige an die Behörde
3.2 Anzeige an die Behörde
(4) Für wechselnde Arbeitsstätten (z.B. Baustellen) ist eine objektbezogene Anzeige erforderlich. Abweichend davon ist
- für Tätigkeiten mit geringer Exposition nach Nummer 2.8
eine unternehmensbezogene Anzeige ausreichend.
Im Gegensatz zu Arbeiten geringen Umfangs ist hier keine ergänzende Anzeige von Ort und Zeit nötig.
Hygienemaßnahmen
10 Hygienemaßnahmen
(3) Bei Arbeiten mit asbesthaltigen Materialien ist eine Duschmöglichkeit am Arbeitsort bereitzustellen. Die Forderung ist z. B. erfüllt beim Einsatz von Personenschleusen mit Nasszelle nach Nummer 14.2. Die Forderung nach Satz 1 entfällt bei Tätigkeiten mit geringer Exposition nach Nummer 2.8, bei Arbeiten geringen Umfangs nach Nummer 2.10 und bei Arbeiten an Asbestzementprodukten im Freien, sofern diese bezogen auf das Gesamtobjekt nicht länger als drei Tage dauern.
Mit “Satz 1” ist nicht Absatz (1) gemeint, sondern der erste Satz in Absatz (3).
Weitere Anforderungen an Arbeiten geringer Exposition
15.1 Besondere Regelungen für Tätigkeiten mit geringer Exposition nach Nummer 2.8
Für Tätigkeiten mit geringer Exposition nach Nr. 2.8 gelten folgende Regelungen:
- Zur Erfüllung der Anforderungen nach Nummer 5.1 und Nummer 5.2 ist mindestens die Sachkunde nach Anlage 4 erforderlich.
- Zur Erfüllung der Anforderungen nach Nummer 5.2 genügt die Anwesenheit einer sachkundigen aufsichtführenden Person, die für die einzelnen räumlich voneinander getrennten Arbeitsplätze zuständig ist und diese beaufsichtigt.
- Zur Erfüllung der Anzeigeverpflichtung an die Behörde ist eine unternehmensbezogene Anzeige ausreichend.
- Die Rückführung gereinigter Abluft ist zulässig, wenn die Asbestfasern mit Industriestaubsaugern oder ortsveränderlichen Entstaubern nach Anlage 7.1 aufgenommen werden.
- Auf das Tragen von Atemschutz kann verzichtet werden. Bei Tätigkeiten, bei denen Expositionsspitzen auftreten können (z.B. Wechsel der Filter von Entstaubern), wird das Tragen von Atemschutz, z.B. P2 empfohlen.
- Am Arbeitsort muss keine Duschmöglichkeit bereitgestellt werden.
- Wenn auf eine Abschottung des Arbeitsbereichs verzichtet wird, ist der gesamte Raum als Arbeitsbereich zu betrachten:
a) Öffnungen zu angrenzenden Räumen müssen geschlossen gehalten werden,
b) unbeteiligte Dritte dürfen den Raum (Arbeitsbereich) vor Abschluss der Arbeiten (einschließlich Reinigung und Durchlüftung) nicht betreten können,
c) der Arbeitsbereich nach Abschluss der Tätigkeiten mit asbesthaltigen Materialien sorgfältig mit einem Industriestaubsauger oder ortsveränderlichen Entstaubern nach Anlage 7.1 gereinigt und feucht gewischt wird. - Oberflächen, die nicht feucht gewischt werden können, müssen vor Beginn der Arbeiten faserdicht abgeklebt werden, so dass nach den Arbeiten eine Reinigung der Abklebung erfolgen kann.
Nummer 15.1 enthält alle wichtigen Anforderungen, damit Tätigkeiten geringer Exposition erfüllt bzw. möglich sind. Darunter sind auch nochmals Punkte genannt, die in den einzelnen Abschnitten zur Belüftung, PSA, Abschottung, etc. bereits aufgezählt wurden.
Einer der wichtigsten Punkte ist jedoch, dass für diese Tätigkeiten der “kleine Asbestschein” ausreicht. Alle anderen Tätigkeiten, bei denen mit einer höheren Faserkonzentration als 10.000 F/m3 gerechnet werden muss, benötigen die Sachkunde nach TRGS 519 Anlage 3.
Einzige Ausnahme sind Arbeiten geringen Umfangs mit Asbestzement im Freien, also der Abbau von Flächen von weniger als 100 m2. In Innenräumen sind auch bei Arbeiten mit Asbestzement durchaus Konzentrationen von mehr als 10.000 F/m3 möglich, daher reicht die Sachkunde nach Anlage 4a (Asbestzement) nicht aus, wenn nicht sichergestellt ist, dass es sich ausschließlich um Tätigkeiten geringer Exposition handelt.