Unabhängig davon, ob bei Abbrucharbeiten schwach gebundenes oder fest gebundenes Asbest abgebaut wird: Beim Abbruch entsteht potentiell viel Staub und demzufolge können große Fasermengen frei werden. Daher ist gerade beim Abbruch besondere Vorsicht geboten und die Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit und zur Verhinderung der Faserausbreitung sind besonders streng.
Was versteht die TRGS 519 unter Abbrucharbeiten?
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Abbrucharbeiten
(1) Abbrucharbeiten im Sinne dieser TRGS umfassen das vollständige Abbrechen (Rückbau) baulicher Anlagen oder Teilen davon, das Abwracken von Fahrzeugen einschließlich Schiffen, das Demontieren von Anlagen oder Geräten usw. einschließlich der erforderlichen Nebenarbeiten.
(2) Abbrucharbeiten im Sinne dieser TRGS umfassen auch das vollständige Entfernen asbesthaltiger Materialien aus bzw. von baulichen Anlagen oder Teilen davon, sowie aus Fahrzeugen, Schiffen und Geräten einschließlich der erforderlichen Nebenarbeiten. Solche Abbrucharbeiten können z.B. betreffen
- schwach gebundene Asbestprodukte,
- Asbestzementprodukte,
- asbesthaltige Estriche, Bodenbeläge, Kleber, Spachtelmassen, Anstriche, Beschichtungen.
(3) Instandhaltungsarbeiten gemäß Nummer 17.3 und 17.4 gelten nicht als Abbrucharbeiten, auch wenn in Bezug auf die betrachtete Anlage nach Beendigung der Maßnahme keine asbesthaltigen Teile mehr vorhanden sind.
Abbrucharbeiten sind also die einzigen Arbeiten, die das Ziel haben, Asbestprodukte möglichst spurenfrei loszuwerden und aus unserem Alltag zu entfernen.
Der Begriff “Abbruch” ist dabei leider etwas ungeschickt gewählt, denn er suggeriert eher martialisches bzw. grobes Vorgehen. Und genau das will man beim Rückbau von Asbest gerade nicht. Abbruch enthält “brechen” oder “zerbrechen”, also Tätigkeiten, die gerade zu großer Faserfreisetzung führen können. Egal, ob man nun mit PSA im Schwarzbereich arbeitet oder im Freien auf einem Dach aus Asbestzement: Unnötige Faserfreisetzung muss unter allen Umständen verhindert werden, so gut es geht.
Die TRGS 519 erlaubt geringe Abweichungen, weil es oft nicht anders geht. Dies ist allerdings nicht als Einladung für grobe Vorgehensweise zu verstehen, nach dem Motto: “Das kann später sowieso niemand mehr nachweisen, dass unsauber gearbeitet wurde!”. Stimmt so nicht: Es ist nachweisbar, wenn man das will. Ob es jedoch kontrolliert wird, ist eine andere Sache. Fest steht: Sie können zwar auf die Art “kurz und schmerzlos” arbeiten. Dadurch schaden Sie sich in erster Linie selbst, denn Sie arbeiten beruflich mit Asbest und haben diese unnötigen Belastungen jeden Tag. Wenn Sie gesund bleiben wollen, arbeiten Sie so sauber wie möglich und halten Sie die Regeln ein.
Abbrucharbeiten von Asbestzement
Die Abbrucharbeiten von Asbestzement sind in der TRGS 519 unter Nummer 16 geregelt:
16 Besondere Regelungen für Abbruch-Arbeiten an Asbestzementprodukten
16.1 Allgemeine Anforderungen
(1) Müssen im Einzelfall handgeführte, ortsveränderliche Maschinen und Geräte zur Bearbeitung von Asbestzementprodukten eingesetzt werden und wird dabei Staub freigesetzt, dürfen dafür nur langsam laufende und abgesaugte Maschinen und Geräte verwendet werden.
(2) Vor der Durchführung von Abbrucharbeiten an Asbestzement-Produkten ist zu prüfen, ob dazu emissionsarme Verfahren nach Nummer 2.9 vorliegen. Werden solche Verfahren eingesetzt, gelten die Ausnahmen nach Nummer 15.
(3) Ausgebaute Asbestzementprodukte dürfen nicht wieder verwendet werden (zu Ausnahmen bei Instandhaltungsmaßnahmen siehe Abschnitt 17)
(4) Asbesthaltige Wellplattendächer sind nicht durchsturzsicher und dürfen nach § 11 der BG-Vorschrift »Bauarbeiten« (BGV C 22*) nur über lastverteilende Beläge oder Laufstege begangen werden. Absturzsicherungen sind nach den Regelungen der ASR A 2.1 bzw. BGV C 22* vorzusehen.
§ 11 DGUV Vorschrift 38
„Nicht begehbare“ Bauteile
Für Arbeiten auf Bauteilen, die vom Auflager abrutschen oder beim Begehen brechen können, müssen besondere Arbeitsplätze und Verkehrswege geschaffen werden.
* die BGV C22 gibt es nicht mehr. Sie wurde durch die DGUV Vorschrift 38 “Bauarbeiten” ersetzt.
Zu (1):
Achten Sie auf die Betonung “im Einzelfall”. Das bedeutet, dass Maschinen nur im Ausnahmefall für den Abbau oder Abtrag von Asbestzement verwendet werden sollen. Nur, wenn dies nicht anders möglich ist, dürfen Maschinen und Geräte verwendet werden. Diese dürfen dann jedoch nur langsam laufen und müssen in der Lage sein, den erzeugten Staub direkt abzusaugen. Schnell laufende Maschinen wie z.B. eine Flex würden sehr viel Staub erzeugen und kann den Staub nicht wirklich gut absaugen. Unnötige Stauberzeugung muss jedoch prinzipiell vermieden werden. Welche Geräte das können, muss im Vorfeld bei der Planung der Arbeiten mitberücksichtigt werden.
Zu (2):
Der Satz müsste besser lauten, dass geprüft werden muss, ob vielleicht emissionsarme Verfahren möglich sind und nicht ob solche vorliegen. Emissionsarme verfahren würden bei der Planung der Arbeiten, dem Aufwand der eventuell nötigen Abschottung, der Reinigung von Arbeitsmaterial, der Benutzung von PSA und der Anzeige an die Behörde sehr viele Erleichterungen ermöglichen. Deshalb ist es im eigenen Interesse des Auftragnehmers, möglichst emissionsarme Verfahren anzuwenden. Was man darunter genau versteht, wird in der entsprechenden Lektion nochmals vertieft.
Zu (3):
Mit ganz wenigen Ausnahmen dürfen ausgebaute Asbestprodukte nicht wiederverwendet werden. Auch wenn vielleicht der Eindruck besteht, dass diese “noch gut sind”. Diese Ansicht ist vielleicht etwas schwäbisch, aber durchaus ernst zu nehmen. Das Ziel all dieser Regelungen und des Umgangs mit Asbest ist es doch, Asbest loszuwerden und nicht, es so lange wie möglich weiterzuverwenden.
Zu (4):
Zugegeben, die TRGS 519 springt hier etwas erratisch zwischen den Themen, denn dieser Satz bezieht sich auf die Betriebssicherheit, Baustellenverordnung und auf Arbeitsstättenregeln. Dennoch ist der Hinweis natürlich fundamental wichtig und beruht auf Erfahrungen aus der Vergangenheit: Wären nicht genau solche Unfälle passiert, wäre dieser Satz nicht notwendig.
Die TRGS 519 verweist hier auf Vorschrift »Bauarbeiten« (DGUV Vorschrift 38 – die BGV C 22 gibt es nicht mehr!). Wenn man nun aber in die DGUV Vorschrift unter dem erwähnten §11 nachschaut, wird man auch nicht schlauer, denn dort steht nicht, was erlaubt ist und wie das sicher gemacht werden kann, sondern nur, dass die Flächen nicht sicher begangen werden können, wenn sie so bleiben, wie sie sind. Unter §10 der DGUV Vorschrift 38 findet man eine Info zur Breite von Laufwegen.